Norderstedt. Angelika Stawe, die an der Altenpflegeschule in Norderstedt lernt, gewinnt Landeswettbewerb und fährt zum Bundesfinale.
Sie ist mit vollem Ehrgeiz dabei, saugt förmlich auf, was sie für ihren späteren Beruf braucht. Angelika Stawe will Altenpflegerin werden. Bis zum Examen sind es noch neun Monate, doch schon jetzt hat sie mit ihrem Wissen geglänzt: Die 44-Jährige, die am Institut für berufliche Aus- und Fortbildung in Norderstedt lernt, hat beim Landeswettbewerb gewonnen und darf sich beste Pflegeschülerin Schleswig-Holsteins nennen. „Der Erfolg ist umso bemerkenswerter, als auch Krankenpflegeschüler angetreten waren“, sagt Gabriele Lengefeldt, Leiterin der Altenpflegeschule.
50 Fragen mussten die gut 20 Teilnehmer beantworten, die die Ausbilder zum Wettbewerb der Nordländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern ins Unfallkrankenhaus nach Hamburg-Boberg geschickt hatten. „Das war zwar ein Test zum Ankreuzen, doch es konnten eine, zwei, drei oder keine Antwort richtig sein“, sagt die Altenpflegeschülerin, die ihre Kreuze höchst erfolgreich gesetzt hatte und nun zum Bundesfinale nach Berlin fahren wird. In der Hauptstadt werden im März 23 Männer und Frauen um den Bundessieg kämpfen. Und das in Theorie, Praxis und einem Gespräch.
„Mit der Praxis habe ich mich anfangs etwas schwergetan, inzwischen aber klappt das ganz gut“, sagt Angelika Stawe. Die dreijährige Ausbildung gliedert sich in 17 Theorie- und Praxisblöcke mit insgesamt mindestens 4600 Unterrichtsstunden.
Vier Lernfelder beackern die Schüler und Schülerinnen im Norderstedter Schulungszentrum. Da geht es um Klassiker wie Anatomie, aber auch sehr intensiv um Pflegeanalyse und Pflegeplanung. „Altenpflegekräfte müssen erkennen, was alte Menschen noch können, diese Stärken ausbauen, aber auch Defizite ermitteln und gegensteuern“, sagt die Schulleiterin.
Angelika Stawe nennt als Beispiel einen Parkinson-Patienten, der zunehmend Mobilität und Selbstständigkeit einbüßt. „Sind Gehhilfen sinnvoll? Wie kann ein Physiotherapeut mit gezielten Übungen helfen? Gibt es vielleicht im Alltag Hindernisse, die sich beseitigen lassen? Das sind Fragen, auf die wir Antworten finden müssen“, sagt die künftige Altenpflegerin, die, wie so viele, per Zufall zur ihrem Berufsziel gekommen ist.
Nach dem Abitur studierte sie Musikwissenschaften und Geschichte und jobbte in einem Altenheim. „Dabei habe ich gemerkt, dass der Umgang mit den alten Menschen, ihnen zu helfen und das Leben so angenehm wir möglich zu gestalten genau mein Ding waren“, sagt die Quickbornerin. Doch sie musste sich gedulden, bis die Kinder zumindest tagsüber auf die Mutter verzichten können. Als sie 14 und 17 waren, „konnte ich endlich machen, wofür ich schon so lange gebrannt habe“. Angelika Stawe bekam einen Ausbildungsplatz im Alten- und Pflegeheim Fasanenhof in Bönningstedt und den Schulplatz in Norderstedt.
Da sitzt sie nun mit 20 Mitschülern in der Klasse, ist die Älteste und wird von den anderen „Mutti“ genannt, was durchaus liebevoll gemeint ist. Die Klasse ist bunt gemischt, die Jüngsten sind kaum 20, neben ihr gibt es drei weitere „Muttis“, die die 30 passiert haben. Die meisten sind zwischen 20 und 30, männlich wie weiblich. „Viele bringen Erfahrungen als Pflegehelfer mit, einige haben ein Freiwilliges Soziales Jahr oder Bundesfreiwilligendienst absolviert, aber wir haben auch einen Koch dabei“, sagt die Schulleiterin, die zwei weitere Unterrichtsschwerpunkte nennt: die Beratung und den rechtlichen Rahmen.
„Man muss als Fachkraft beispielsweise wissen und vor allem beherzigen, dass man das Gitter an einem Bett nicht eigenmächtig hochklappen darf. Das wäre Freiheitsberaubung, für eine solche Maßnahme ist ein richterlicher Beschluss nötig“, sagt Gabriele Lengefeldt. Ganz wichtig sei zudem, dass Altenpfleger Patienten bzw. Heimbewohner und deren Angehörige kompetent beraten können. Viele wüssten nicht, welche Leistungen ihnen zustehen oder verzichteten auf eine Pflegestufe.
Vielfältig ist auch die Praxis. Waschen und beim Anziehen helfen, Blutdruck messen, Medikamente zusammenstellen und verabreichen, Blut abnehmen und Spritzen in die Muskulatur geben, bis hin zu Verbänden für eine Magensonde oder dem Absaugen der Atemwege. Angelika Stawe freut sich schon auf ihre beiden externen Ausbildungsorte: eine Wachkomastation, wo Menschen liegen, die so gut wie keine sichtbaren Reaktionen zeigen. „Es ist ja eine spannende Frage, ob und was sie trotzdem empfinden“, sagt die angehende Altenpflegerin. Außerdem wird sie ihren fachlichen Horizont noch bei einem ambulanten Pflegedienst in der Intensivpflege erweitern.
Vorher aber muss und will sie noch beim Bundesfinale zeigen, was sie kann.