Norderstedt. Aus dem 37 Zentimeter langen Zopf von Maike Schlucke soll eine Perücke für Kinder entstehen. Sieben Jahre ließ sie ihre Haare wachsen.

„Oh, wow, das ging schnell! Sieben Jahre sind jetzt ab! Aber das wollte ich ja so – trotzdem ist es gerade etwas komisch, mich so zu sehen“, sagt Maike Schlucke, während sie sich noch ein wenig verdattert mit der Hand durch ihre „neuen“ Haare fährt. Wir sind zu Besuch in Katjas Zweithaarstudio, wo Friseur und Zweithaarspezialist Patrick Himmel-Blume der Norderstedterin gerade mit ein, zwei Scherenschnitten den 37 Zentimeter langen Zopf abgeschnitten hat. Und das, ohne dass sich die 31-Jährige gerade von ihrem Mann getrennt hat, eine Typveränderung wollte oder als Mutter von zwei Kleinkindern einfach nicht so viel Zeit mehr für die Haarpflege aufwenden mochte – alles häufige Gründe, weswegen sich Frauen die Haare radikal abschneiden lassen. Nein, Maike Schlucke möchte ihre Haare spenden, genauer für die Herstellung einer Perücke für Kinder. „Meine Mutter ist an Krebs erkrankt, daher habe ich viel für sie recherchiert, auch zum Thema Perücken“, erzählt sie, während Patrick Himmel-Blume ihre nunmehr kinnlangen Haare zu einem Bob frisiert. „Bei meiner Suche stieß ich auf den Wiener Verein Haarfee, der Perücken für Kinder herstellt, die aus Krankheitsgründen ihre Haare verloren haben. Das finde ich unterstützenswert.“

Bis zum Bauchnabel reichten der Norderstedterin, die gerade in Elternzeit ist, ihre Haare, die sie gewissenhaft pflegte und auf die sie stolz ist. „Deswegen wünschte ich mir auch, einen Salon zu finden, der mich bei meiner Aktion unterstützt und nicht einfach nur die Schere zückt. Doch leider stieß ich anfangs nur auf Friseure, denen die Idee dahinter eher egal war.“

Gleich sind sie ab: Friseur und Zweithaarspezialist Patrick Himmel-Blume empfängt Maike Schlucke in
Gleich sind sie ab: Friseur und Zweithaarspezialist Patrick Himmel-Blume empfängt Maike Schlucke in "Katjas Zweithaarstudio", wo er ehrenamtlich ihr die lange Haarpracht für den guten Zweck abschneidet. © Maren Langenbach | Maren Langenbach

Unterstützung fand die 31-Jährige schließlich in Katjas Zweithaarstudio in Garstedt – einem Salon, der auf Perücken, Haarteile und medizinischen Haarersatz spezialisiert ist. „Wir waren sofort bereit, Frau Schlucke zu helfen und ihr kostenfrei die Haare zu schneiden“, betont Geschäftsführerin Gabriele Winter. „Erst recht, da sie ihre Haare für Kinder spendet, die im Perückenbereich bislang leider keine Lobby haben – sich aber auch nicht wünschen, zusätzlich zu ihrer Krankheit ohne Haare rumlaufen zu müssen.“ 25 Zentimeter sollten die Haare mindestens lang sein, um gespendet werden zu können. Maike Schlucke wartet mit ganzen 37 Zentimetern auf. „Fünf Zöpfe benötigt man, um eine Perücke für ein Kind anfertigen zu können. Die Krankenkassen zahlen nur einen Bruchteil der Kosten für den Haarersatz. Der Verein Haarfee lebt nur von Spenden und verschenkt die Perücken an bedürftige Kinder – ein Konzept, das mir gut gefällt“, sagt Maike Schlucke, während sie versonnen ihren „alten“ Zopf in der Hand hält, den sie später an den Verein schicken wird.

Friseur Patrick ist mittlerweile mit dem Schneiden und Föhnen fertig. „Das sieht gut aus“, freut sich Maike Schlucke und fügt nachdenklich hinzu: „Eigentlich denkt man nie so viel über sein Haar nach, wenn es da ist. Durch die Erkrankung meiner Mutter habe ich aber auch die andere Seite erfahren und weiß jetzt, dass es eigentlich Gold ist, was ich da auf dem Kopf trage.“

Weitere Infos über den Verein Haarfee und die Spendenmöglichkeiten gibt’s im Internet.

www.vereinhaarfee.at