Norderstedt . Eine Station des Verleihsystems steht auf dem Tesa-Gelände – zum Unmut des Norderstedter Konkurrenten Nextbike.

Knallrot sind sie – und alle haben die Hammaburg als Zeichen ihrer Herkunft auf dem Gepäckträger: die Stadträder aus Hamburg. Doch jetzt sind die roten Räder auch in Schleswig-Holstein im Einsatz: Auf dem kürzlich in Betrieb genommenen Firmengelände des Klebstoff-Herstellers Tesa an der Hugo-Kirchberg-Straße steht eine neue Verleihstation mit 15 Rädern. Nicht nur die Tesaner können die Stadträder nutzen. Auch die Norderstedter haben Zugang und können die Räder ausleihen.

„Wir hatten auch an unserem alten Standort in Eimsbüttel eine Verleihstation. Das wollten wir unseren Mitarbeitern in Norderstedt auch bieten“, sagt Michael Reuland, Projektleiter für den Tesa-Neubau. Das Unternehmen habe zwei Jahre lang mit Stadtrad Hamburg verhandelt. Am Ende stand eine einzigartige Kooperation. Tesa bezahlte die Verleihstation auf seinem Grundstück aus der eigenen Tasche. Im Gegenzug baut Stadtrad Hamburg neue Verleihstationen an der Tangstedter Landstraße am Langenhorner Markt sowie bis Jahresende zwei weitere Stationen an den U-Bahnhöfen Niendorf Markt und Niendorf-Nord.

Hamburger Norden endlich erschlossen

Damit wird der Hamburger Norden endlich von einem Fahrradverleihsystem erschlossen. Bislang war der U-Bahnhof Ohlsdorf die letzte Verleihstation in Richtung Norden. „Wir hoffen, dass unsere Mitarbeiter das System ausgiebig nutzen. Und falls die Norderstedter das auch tun wollen, können wir die Station jederzeit erweitern“, sagt Michael Reuland.

Die Stadträder werden seit 2009 von der Stadt Hamburg und der Bahn-Tochter DB Rent betrieben. Die Station auf Norderstedter Boden war nur durch das finanzielle Engagement von Tesa möglich. „Wir planen keinen weiteren Ausbau der Stationen in Norderstedt“, sagt Bahn-Sprecherin Sabine Brunkhorst. Gegen das Engagement weiterer Norderstedter Unternehmen habe die Bahn aber nichts einzuwenden. „Das könnte durchaus ein Modell sein, das Nachahmer findet.“

In Norderstedt kooperiert die Stadtverwaltung seit 2011 mit dem Leihrad-Anbieter Nextbike. Ein Netz aus zwölf Stationen mit 70 Mieträdern ist in der Stadt entstanden. Die Stadt Norderstedt und Nextbike versuchen seit geraumer Zeit, für die Nextbike-Nutzer in Norderstedt eine Anbindung an die U-Bahnstationen im Hamburger Norden zu finden. „Aber die Gespräche mit der Hamburger Seite sind alle samt und sonders gescheitert“, sagt Marco Weigert, Leiter Vertrieb und Kooperation bei Nextbike.

Konkurrent Nextbike ist überrascht

Mehr als überrascht sei man bei dem Leipziger Unternehmen über den Deal zwischen Tesa und Stadtrad. „Auch wir standen mit Tesa in langen Verhandlungen. Und bisher haben wir noch nicht mal eine Absage bekommen. Aus unserer Sicht besteht nach wie vor das Angebot, Tesa an das Norderstedter Nextbike-System anzubinden“, sagt Weigert. Gegenüber von Tesa, bei den drei Nordport-Towers, plane Nextbike eine Verleihstation. „Die Stadt Hamburg steht in Verhandlungen mit dem Grundstückseigentümer. Wir sind zuversichtlich, dass das klappt.“

Nextbike hätte auch den Hamburger Norden längst mit seinen Stationen erschlossen. „Doch die Stadt Hamburg verhindert das systematisch. Die Grundstücke rund um die U-Bahnstationen gehören der Stadt Hamburg. Da lassen die uns nicht bauen“, sagt Weigert. „Das ist Protektionismus im Sinne von Stadtrad und DB Rent.“

Das ist Stadtrad Hamburg

Das Stadtrad Hamburg gibt es seit 2009. Mittlerweile gibt es in Hamburg über 1600 Räder an über 130 Verleihstationen. Über 200.000 Kunden sind im System registriert.

Die erste halbe Stunde ist beim Stadtrad kostenlos. Ab der 31. Minute kostet es 8 Cent pro Minute. Pro Tag werden maximal 12 Euro berechnet.

Für BahnCard- und HVV-Jahreskarteninhaber reduziert sich der Minutenpreis auf 6 Cent. Anmelden kann man sich im Internet, per Telefon, App oder direkt an einem der Entleih-terminals.

Die Stadträder haben eine 7-Gang-Nabenschaltung, die Sattelhöhe ist auf verschiedene Körpergrößen einstellbar. Gepäckträgerschale ist für Taschen bis 25 Kilogramm geeignet.

Für Wartung, Reparatur, Pflege und Disposition sorgt 365 Tage im Jahr ein Team von 21 Mitarbeitern. Sie fahren täglich zu den Stationen und disponieren bei Bedarf die Räder um. Außerdem werden Defekte an den Rädern behoben.

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Die „Insellösung“ für Tesa mache aus seiner Sicht keinen Sinn, sagt Weigert. „Und ich bin mir auch nicht sicher, ob das im Sinne des Vertrages zwischen der Stadt Hamburg und DB Rent ist, ein Verleihsystem für Hamburg aufzubauen. Da müssen jetzt ja auch erhebliche Service- und Fahrleistungen erbracht werden.“

Die Norderstedter profitieren vom Konkurrenzkampf der Verleihsysteme. Denn unter dem Strich stehen nun einfach noch mehr umweltfreundliche Leihräder in Norderstedt zur Verfügung. „Und Tesa hat Strahlkraft in die übrige Stadt. Ich weiß, dass sich auch andere Unternehmen in der Stadt mit dem Thema beschäftigen“, sagt Michael Reuland von Tesa.