Statistiken vermitteln das tröstliche Gefühl, irgendjemand würde das Chaos kontrollieren, schreibt Jan Schröter in seiner Wochenschau.
Ich liebe Statistiken. Sie vermitteln mir zuverlässig das tröstliche Gefühl, irgendwer kontrolliert das Chaos. Das Statistikamt Nord veröffentlichte jetzt aktuelle Zahlen zum Finanzvermögen aller 1100 Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein. Zahlen, die uns in ihrer unbestechlichen Nüchternheit genau sagen, wo wir stehen.
Demnach hat jeder Einwohner des Kreises Segeberg Schulden in Höhe von 1079 Euro. Sollte Ihr Girokonto tiefer als bis zum genannten Betrag in den roten Zahlen stehen, weisen Sie bitte umgehend die Bank an, Ihre Schulden auf besser situierte Kunden umzuverteilen, damit die Statistik auch stimmt. Die beste Nachricht kommt sogar noch: Jeder Bürger unseres Landkreises verfügt statistisch über einen Anteil von 1082 Euro am Kreisvermögen (Finanzmittel, Liegenschaften etc.). Wer rechnen kann, und das können wir doch alle, stellt nun seine Schulden (1079 Euro, siehe oben) gegen den persönlichen Kreisvermögensanteil und kommt zum Ergebnis: schuldenfrei, Konto sogar noch drei Euro im Plus, juhu. Im Handumdrehen hat uns das Statistikamt Nord saniert. Die sollten endlich mal an die Regierung kommen, dann wäre alles gut.
Auf jeden Fall ist das ein Grund zum Feiern. Dafür sollte man sich vielleicht das nächste Dorffest in Dreggers aussuchen. In dem 58-Seelen-Dorf ist aktuell der Pro-Kopf-Anteil am Gemeindevermögen am höchsten: 3150 Euro. Das schreit förmlich nach Freibier, obwohl man sich in Dreggers herausredet, man sei eigentlich gar nicht so reich und benötigte das Geld zum Entschlammen des Klärteiches. Aber vielleicht feiert man die besseren Partys ohnehin dort, wo man bereits den Gemeindezaster auf den Kopf gehauen hat. Nämlich beim Schlusslicht der Statistik: Hasenmoor, Pro-Kopf-Gemeindevermögen 20 Euro. Ehrenrettend führen die Hasenmoorer ins Feld, ihrer freiwilligen Feuerwehr gerade erst einen neuen Anbau finanziert zu haben. Partyraum, wetten?
Und warum auch nicht. Die Erinnerung an Spaß, den man mal hatte, wärmt mehr als die Erinnerung an Geld, das längst woanders ist. Darüber existiert allerdings keine Statistik.
Zum Glück.