Norderstedt. Die Junge Messe in der Norderstedter „TriBühne“ zeigte jungen Menschen Wege auf, wie sie auch beruflich Fuß fassen können.

Es ist mucksmäuschenstill im Raum 3 der Mehrzwecksäle Norderstedt. 30 Jugendliche im Alter von 16 bis 18 Jahren hören aufmerksam zu, was ihnen Michael Westerfeld, Bereichsleiter der Agentur für Arbeit Elmshorn, und Marc Synwoldt, Teamleiter des Arbeitgeber-Service Norderstedt, zu sagen haben. Das Thema des Vortrags bei der Jungen Messe heißt: „Der Weg zum Arbeitsmarkt – auch für Migranten möglich“.

„80 Prozent aller jugendlichen Migranten wissen nicht, was sie später einmal machen sollen. Wir wollen sie unterstützen, dafür sind wir da“, sagte Michael Westerfeld. Die Zuhörer, je zur Hälfte vom Berufsbildungszentrum Norderstedt und vom DaZ-Zentrum Norderstedt (Deutsch als Zweitsprache), stellten später viele Fragen, darunter: „Was heißt Ausbildung? Was muss ich tun, um einen Ausbildungsplatz zu finden?“

Oberleutnant André Kügler klärt Jugendliche über Rechte und Pflichten bei der Bundeswehr auf
Oberleutnant André Kügler klärt Jugendliche über Rechte und Pflichten bei der Bundeswehr auf © HA | GSchluet@wmg.loc

Im DaZ-Zentrum lernen zurzeit mehr als 120 Kinder aus vielen Ländern in verschiedenen Gruppen Deutsch als Zweitsprache. Das DaZ-Zentrum, Kooperationspartner der VHS Norderstedt und des Schulamtes Norderstedt, will Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ermöglichen, einen neuen eigenständigen Weg der Integration zu finden.

Bisher sind Jugendliche mit Migrationshintergrund im dualen Berufsausbildungssystem (Betrieb und Berufsschule) unterrepräsentiert. Dabei genießt das System weltweit einen hohen Stellenwert, denn die Ausbildung erfolgt praxisnah im Betrieb.

Das bestätigte bei der Messe auch Diplomkauffrau Andrea Dasch, Leiterin der Pflegeschule an den Segeberger Kliniken in Bad Segeberg und Norderstedt. „Der Bedarf an Pflege-Nachwuchs an Krankenhäusern in Deutschland ist groß. Jedes Jahr stellen wir 25 neue Auszubildende ein. Wir wollen deshalb ab April 2016 auch Flüchtlinge aufnehmen, die die entsprechenden Anforderungen erfüllen.“ Grundvoraussetzung für ein Praktikum mit Aussicht auf einen Ausbildungsvertrag sind Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis.

Zwei Mädchen vom Welcome-Team vermittelt

Jannicke Keil ist Ausbildungsleiterin des VW-Zulieferers Original Teile Logistik (OTLG) am Stammgleis in Norderstedt. „Wir haben 18 Ausbildungsplätze zur Verfügung und suchen für 2016 sechs Azubis“, sagte sie. „Zwei angehende Kaufleute für den Groß- und Außenhandel, zwei für den Bereich Fachlageristen – auch mit Hauptschulabschluss – und zwei für den Bereich Lager-Logistik. Außerdem wollen wir Praktika für Flüchtlinge einführen. Es liegen bereits mehrere Anfragen vom Welcome-Team Norderstedt vor. Ein Praktikum erleichtert diesen Menschen natürlich den Zugang zu einem Ausbildungsplatz.“

Das sagte auch Antje Klingbeil, Berufsberaterin bei der Elmshorner Agentur für Arbeit in Norderstedt: „Ich bin sehr gespannt, was auf uns in den nächsten Wochen und Monaten zukommt.“

Lucie und Panthea (2. und 3. von links) lassen sich von Antje Klingbeil, Siegfried Walther und Gina Gensel beraten
Lucie und Panthea (2. und 3. von links) lassen sich von Antje Klingbeil, Siegfried Walther und Gina Gensel beraten © HA | GSchluet@wmg.loc

Zwei junge Mädchen wurden ihr von einem Welcome-Team vermittelt. Ein Mädchen kam 2013 aus dem Kurdengebiet im Norden Iraks über Russland nach Norderstedt, das andere aus Italien. „Ich werde beide zu einem Gespräch einladen. Dann klopfe ich eingehend ihre Vorkenntnisse ab. Vielleicht ergibt sich etwas.“ Antje Klingbeil beantwortete zusammen mit Gina Gensel, Berufsberaterin in Uetersen, und Siegfried Walther, Berufsberater in Pinneberg, an Stand 19 viele Fragen. So zum Beispiel von Lucie Prey, 14, und ihrer Freundin Panthea Dehkhode, 17, deren Eltern aus dem Iran kommen. Beide besuchen die Willy-Brandt-Schule in Norderstedt, Lucie hat gerade den Realschul-Abschluss geschafft, Panthea steht davor. Sie haben schon feste Vorstellungen über ihre berufliche Zukunft: Panthea möchte Mediengestalterin in Bild und Ton oder Print werden, Lucie Designerin im kaufmännischen Bereich. Antje Klingbeil hat sie für Donnerstag zu einem Informationsgespräch einbestellt.

Die auf der zweitägigen Jungen Messe in der „TriBühne“ mit Ausbildern, Auszubildenden, Unternehmen und Unternehmern geführten Gespräche sind bei der Entscheidungsfindung für viele Schüler und Schülerinnen sicherlich wichtig gewesen – besonders auch für Migranten.