Norderstedt. Am Sonntag feiert der Verein Tagespflege im Norderstedter Stadtpark seinen 20. Geburtstag. 108 tagesmütter sind im Verein organisiert.

„Man muss schon Lust und Leidenschaft haben, um den Job gut zu machen“, sagt Martina Schreiner. Sie hat von beidem noch jede Menge, obwohl sie schon seit 17 Jahren von montags bis freitags fremde Kinder betreut. Die Norderstedterin arbeitet als Tagesmutter, ist eine von 108 in Norderstedt, Henstedt-Ulzburg und Ellerau, die im Verein Tagespflege zusammengeschlossen sind. Der Verein feiert am Sonntag, 13. September, von 14.30 bis 17.30 im Norderstedter Stadtpark seinen 20. Geburtstag. Ein Zauberer und ein Kinderliedermacher wollen die Kinder unterhalten, zwei Ponys sind da, eine Hüpfburg wird aufgebaut, und schminken lassen können sich die Jungen und Mädchen auch.

Der Verein wurde gegründet, um die Tagesmütter professioneller aufzustellen. „Mit Kindern angemessen umzugehen, erfordert mehr als das eigene Elternsein“, sagt Angelika Stark vom Verein Tagespflege. Die Tagesmütter und inzwischen auch eine Handvoll Tagesväter sollen so arbeiten wie die Erzieherinnen in den Kitas, die Kinder sprachlich, motorisch und geistig fördern. Wer als Tagesmutter Geld verdienen will, muss entsprechende Qualifikationen nachweisen. Wie entwickeln sich Kinder, was sollten sie in welchem Alter können, Regeln und Rituale, Ernährung, Trotzphase und Spiele – das sind Themen des Qualifizierungskurses, den die Evangelische Familienbildung in Norderstedt wieder ab dem 26. September anbietet.

Anerkennter Abschluss ist Bedingung

Wer in Norderstedt als Tagesmutter oder -vater arbeiten will, muss einen anerkannten Abschluss vorweisen. Die Evangelische Familienbildung bietet ab 26. September wieder einen Qualifizierungskursus an.

Die berufsbegleitende Ausbildung umfasst 180 Unterrrichtsstunden und schließt mit einem Zertifikat ab. Da geht es unter anderem um Aufsichtspflicht, um Erziehungspartnerschaft – Eltern und Tagesmutter müssen sich abstimmen –, um pädagogische Grundlagen, gesunde Ernährung, die „Welt der Sinne“ und Trotzphasen.

Die Teilnahme kostet 450 Euro, Zuschüsse und Ratenzahlungen sind möglich. Weitere Auskünfte und Anmeldung bei der Evangelischen Familienbildung unter Telefon 040/525 65 11, E-Mail info@fbs-norderstedt.de, und bei der Tagespflege Norderstedt, Telefon 040/ 52 11 01 18, E-Mail info@tagespflege.de.

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Martina Schreiner hat zwar eine kaufmännische Ausbildung absolviert, hat sich aber schon immer für Psychologie und die Arbeit mit Kindern interessiert. „Als ich nach meiner eigenen Familienpause wieder ins Berufsleben zurückkehren wollte, bot mir der Arbeitgeber nur eine Vollzeitstelle an. Das wollte ich nicht, weil ich für meine Kinder da sein wollte“, sagt die gebürtige Heidelbergerin. Tagesmutter war die Lösung. So absolvierte die heute 49-Jährige bei der Familienbildung einen Qualifizierungskursus und betreut seitdem vier Kinder gleichzeitig.

Die meisten Tageskinder sind zwischen knapp einem und zweieinhalb Jahren alt. „Ich hatte auch schon mal ein Schulkind, dem Jungen gefiel es so gut, dass er auch noch zu mir kam, als er schon in der fünften Klasse auf dem Gymnasium war“, sagt Schreiner, die an diesem Morgen besonders gefordert ist. Erik und Damon kriegen sich immer wieder in die Wolle, zerren an den Spielzeugen, beide wollen das gelbe Auto, den grünen Bauklotz. „Besuch ist eine Ausnahmesituation, die Kinder bekommen nicht mehr die ganze Aufmerksamkeit“, sagt die Tagesmutter, die den Streit souverän schlichtet.

Mila ist müde. Doch geschlafen wird erst um 12, in gut einer Stunde. Ihre Mutter auf Zeit nimmt sie in den Arm, drückt sie an sich, beruhigt. „Die Eltern, die sich für eine Tagesmutter entscheiden, wollen gerade diese individuelle Betreuung mit höchstens vier Kindern“, sagt Angelika Stark. Außerdem schätzten die Eltern die hohe Flexibilität der Betreuung. „Ich habe zwar meine festen Zeiten – montags bis freitags von 7.30 bis 15 Uhr –, aber ich mache schon mal eine Ausnahme, wenn eine Lehrerin bis in den frühen Abend hinein Konferenzen hat oder das Kind betreut werden muss“, sagt Martina Schreiner, die sich auch jetzt noch regelmäßig weiterbildet und ihren Tagesablauf an den Ritualen der Kitas orientiert. Wenn die Kinder morgens kommen, dürfen sie sich ein Spiel oder Spielzeug aussuchen und ihrer Lust folgen. Der Morgenkreis folgt mit Fingerspielen und dem Singen. „Für mich hat Musik einen hohen Stellenwert“, sagt die Tagesmutter, die im vorigen Jahr eine Musikpädagogin engagiert hat. Klassisch und ruhig ging es dazu. „Ich wollte ein Gegengewicht zum Musikerlebnis mit viel Lärm und Bewegung schaffen“, sagt Martina Schreiner, die sich zudem im Vorstand des Vereins Tagespflege engagiert.

Zweimal pro Woche besucht sie mit ihren Tageskindern Turn- und Spielgruppen, damit sie andere Kinder kennenlernen und größere Gruppen erleben. Wenn das Wetter es zulässt, ist sie mit den Jungen und Mädchen jeden Tag draußen auf dem Spielplatz.

Zwischen 3,50 und 4,50 Euro bekommen Tagesmütter pro Stunde, der Preis wird zwischen Eltern und Tagesmüttern ausgehandelt. Dennoch müssen die Eltern nicht mehr zahlen als die 230 Euro für einen Vollzeit-Krippenplatz. Die Differenz übernimmt die Stadt. Doch Geld ist für Martina Schreiner nicht das Wichtigste: „Es ist einfach spannend zu sehen, wie sich die Kinder entwickeln. Und ich bekomme viel zurück“, sagt sie. Mal sind es Blumen oder kleine Geschenke; vor allem aber sind es Aussagen wie die von Lene: „Wann ist der Kindergarten zu Ende, damit ich wieder zu Martina kann?“

Ein Ende ist nicht in Sicht. Ihre Tochter habe schon gesagt: „Ich weiß ja, wo meine Kinder mal gut betreut sein werden.“