Kreis Segeberg. Auch der vierte Prozess gegen Rinderhalter aus dem Kreis Segeberg wurde ausgesetzt. Ein Gutachter soll die Fakten klären.

Auch der vierte Prozess gegen Rinderhalter aus dem Kreis Segeberg wegen angeblichen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz wurde am Mittwoch nicht zu Ende geführt. Vor dem Schöffengericht Bad Segeberg musste sich der 55 Jahre alte Landwirt Horst Pommerenke aus Todesfelde verantworten – er hatte die Staatsanwaltschaft und dem Kreisveterinäramt allerdings auf besondere Weise und nicht rechtswidrige Weise „ausgetrickst“: Als seine 400 Rinder beschlagnahmt werden sollten, waren sie bereits weg. Er hatte sie verkauft, um einer drohenden Beschlagnahmung zuvorzukommen und einen wirtschaftlichen Totalschaden zu verhindern. Nach fünf Verhandlungsstunden mit mehreren Unterbrechungen wurde die Verhandlung ausgesetzt, weil sich ein gerichtlich zu bestellender Gutachter mit dem Fall befassen soll.

Alle bisher behandelten Fälle – drei Landwirte kommen aus Todesfelde, einer aus Kisdorf, außerdem wurde gegen eine Hobbypferdehalterin aus Todesfelde verhandelt – haben bereits für viel Wirbel und große mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Beschlagnahmte Rinder und Pferde, Klage wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, Ermittlungen gegen eine Staatsanwältin wegen Rechtsbeugung und ein Großaufgebot von Anwälten, von denen einige einen bundesweiten Bekanntheitsgrad haben – das sind die Eckpunkte einer Prozesslawine, deren Ende noch lange nicht abzusehen ist.

Der Fall Pommerenke passt in die Reihe der bisherigen Prozesse gegen Rinderhalter. Der Landwirt soll in seinem Stall bis zu 400 Rinder gehalten haben, von denen einige offenbar erkrankt waren, aber, so die Anklage, nicht tierärztlich versorgt worden sein sollen. Das sei vom Kreisveterinäramt festgestellt worden. Zudem sollen Ferkel verhungert sein.

Am 13. März 2013 rollten von der Staatsanwaltschaft bestellte Viehtransporter an, aber Horst Pommerenke hatte die Situation vorausgeahnt und ein bis zwei Wochen vorher begonnen, die Tiere zu verkaufen und selbst abzutransportieren. Auf diese Weise erzielte er einen wirtschaftlichen Gewinn, der ihm entgangen wäre, wenn die Staatsanwaltschaft die Rinder notveräußert und mit dem Erlös die Transport-, Futter- und Unterbringungskosten beglichen hätte. Ein Tierhalteverbot wurde damals nicht ausgesprochen.

Weil Kredite mit monatlich 2000 bis 3000 Euro bedient werden mussten, begann Pommerenke ein Jahr später erneut mit der Tierhaltung. 30 Rinder standen bereits in seinem Stall, als auf Betreiben des Kreisveterinäramtes ein Tierhalteverbot erlassen wurde. Warum – das konnte vor Gericht nicht geklärt werden. Eine vom Landwirt selbst bestellte unabhängige Gutachterin sagte vor Gericht aus, die 30 Tiere seien in einem guten bis befriedigendem Zustand gewesen, die Herde habe sich als ausgeglichen und nicht auffällig erwiesen. Es habe keinen akuten Behandlungsdruck gegeben. Die Kühe sind jetzt anderweitig untergebracht, das Einkommen Pommerenkes bewegt sich nach eigenen Angaben gegen Null, der große Kuhstall steht leer.

In einer fast zweistündigen Verhandlungspause versuchten die Staatsanwältin und die drei Rechtsvertreter Pommerenkes, von denen einer sogar aus dem bayerischen Starnberg angereist war, einen Kompromiss zu erzielen. Vergeblich: Der Prozess wird weitergeführt, aber zunächst ausgesetzt. In den nächsten Wochen und Monaten soll ein gerichtlich bestellter Gutachter versuchen zu klären, wie es wirklich um die 400 Rinder stand, ob das Tierhaltungsverbot gerechtfertigt war oder nicht. Zur Verfügung stehen ihm umfangreiche Akten mit Protokollen und Hunderten von Fotos, die von den Tieren angefertigt wurden.

Nach Ansicht von Thomas Abeltshauser, einem von Pommerenkes Rechtsvertretern, wird der Prozess wahrscheinlich nicht vor Februar oder März 2016 wieder aufgenommen werden können. Er rechnet mit einer Prozessdauer von bis zu 25 Verhandlungstagen.