Bad Segeberg. 20 Leser des Hamburger Abendblatts konnten die Schauspieler und die Bühne der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg hautnah erleben.
Wie sieht es hinter den Kulissen aus, wenn Winnetou und Old Shatterhand auf der Bühne ihre Abenteuer erleben? Wie bereiten sich die Schauspieler auf die nächsten Auftritte vor? Wer betreut eigentlich die Pferde und macht sie fit? Das sind Fragen, die sich wahrscheinlich die meisten der regelmäßigen Besucher der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg stellen. Was viele immer schon mal wissen wollten, konnten nun 20 Abendblatt-Leser erfahren – und zwar exklusiv und aus erster Hand. Karl-May-Chefin Ute Thienel, die Geschäftsführerin der Kalkberg GmbH, machte mit ihnen eine Tour hinter die Kulissen.
Das riesige Freilichttheater am Kalkberg wirkt ganz besonders riesig, wenn noch kein Zuschauer zu sehen ist. Die 20 Gäste von Ute Thienel erlebten den großartigen Blick von ganz oben, von ganz hinten und von der Seite. „Das ist schon ein sehr imposantes Theater“, sagte Dieter Lier, 73, aus Norderstedt, der zusammen mit seiner Frau Christa nach Bad Segeberg gekommen war, um zu erleben, wie eine Karl-May-Aufführung wirklich funktioniert. Er wusste auch, dass diese Spielstätte einst vom Nazi-Propagandaminister Goebbels eröffnet worden ist. Als 1952 die Karl-May-Spiele erstmals über die Bühne gingen, war diese Zeit natürlich schon längst abgehakt.
Platz für 7500 Zuschauer
Ute Thienel berichtete, dass 7500 Zuschauer Platz haben, bei Musikveranstaltungen sogar bis zu 11.500. Nach der Besichtigung der Zuschauerränge ging es über verschwiegene Gänge zur Hinterbühne. Unterwegs begegnete die Truppe dem Inspizienten und Hinterbühnenleiter Jan Erik Stahl, der bereits zum 15. Male zum Karl-May-Team gehört. Er gibt die Kommandos für die Schauspieler, damit sie auch genau im richtigen Moment in das Geschehen auf der Freilichtbühne eingreifen können. Mitten im Geheimgang, den die Schauspieler benutzen, um unerkannt auf die richtigen Positionen zu gelangen, machte Ute Thienel die Gäste auf eine verdeckte Öffnung aufmerksam. „Von hier tritt Barbara Wussow auf die Bühne“, erklärte sie.
Hinter den Kulissen beobachten sie, wie Waffenmeister Horst Lipsius die Gewehre bereitstellte, die von den Darstellern und Komparsen dann im richtigen Moment gegriffen werden. Der installierte Bildschirm gewährte einen Blick auf die zu diesem Zeitpunkt noch leere Bühne. Von hier aus beobachtet Jan Erik Stahl während der Vorstellung das Geschehen vor den Kulissen.
„Eigentlich ist das gar nicht so spannend“, sagte Ute Thienel. „Wenn die Vorstellung läuft, bewegen sich hier alle sehr routiniert.“ Die Besucher allerdings fanden das alles trotzdem sehr aufregend. Karl-May-Urgestein Nicolas König, einer der ganz großen Publikumslieblinge, hatte sich eine Stunde vor der Aufführung noch ganz ruhig auf einen Stuhl neben die Pferde gesetzt und stellte sich für ein Gruppenfoto zwischen die Besucher. Oben im Schminkraum war durch ein Fenster der Kopf von Barbara Wussow zu sehen, und Schauspieler Patrick L. ließ es sich nicht nehmen, den Gästen etwas vorzuspielen: Er schlüpfte im Handumdrehen in seine Rolle als Heinz-Egon Winzigmann, die eng an die Auftritte von Heinz Erhardt angelehnt ist. Dafür erntete er einige Lacher als Belohnung.
Dann ging es hinaus in die Pferdestallungen, bevor der Regieturm hinter den Zuschauerrängen in zwei Gruppen betreten wurde. Tonchef Thomas Fuß erklärte, mit welcher Technik er die einzelnen Mikrofone der Schauspieler bedient, auf welche Knöpfe gedrückt werden muss, um die einzelnen Musikstücke genau im richtigen Moment erklingen zu lassen und wo – auf der Bühne und im Zuschauerraum – die Lautsprecher sichtbar und unsichtbar installiert sind. Marek Erhardt, der Off-Sprecher, hat, so erklärte Thomas Fuß, seine Sprechpassagen im direkt nebenanliegenden Tonstudio aufgenommen, während Reiner Schöne, der die Geschichte als Erzähler zusammenhält, in einem Berliner Tonstudio gesessen hat. Weil während der Proben immer wieder einzelne Passagen geändert werden, kann der Schauspieler Reiner Schöne, der in Bad Segeberg selbst schon zweimal mitgewirkt hat, seine Passagen erst relativ spät einsprechen, erfuhren die Abendblatt-Gäste. Denn schließlich müssen Erzähltext und Handlung ja auch übereinstimmen. An derartige Feinheiten denkt vermutlich niemand, der sich als entspannter Zuschauer eine Aufführung des Stückes „Im Tal des Todes“ ansieht.
Nach der Führung hatten die Gäste noch Gelegenheit, sich im angrenzenden Indian Village umzusehen, wo sie einen Blick in die Ausstellung über die Geschichte der Karl-May-Spiele werfen konnten.
Und dann war es auch schon Zeit: Um Punkt 15 Uhr begann die Vorstellung. Zwei Stunden Abenteuer mit Winnetou, Old Shatterhand, Sam Hawkens und all den anderen Figuren, die in den Geschichten Karl Mays eine besondere Rolle spielen. „Das war ein wirklich informativer Nachmittag“, freute sich am Ende des Tages Abendblatt-Leser Michael Thiele.
Die Inszenierung „Im Tal des Todes“ wird noch bis zum 6. September an jedem Donnerstag, Freitag und Sonnabend um 15 und 20 Uhr, am Sonntag um 15 Uhr gezeigt.