Je wärmer es wird, desto weniger regen sich die Menschen über irgendetwas auf. Es ist einfach zu anstrengend, sagt Jan Schröter.

Sommerhitze. Endlich, sagen die einen. Zu viel, die anderen. Ich stelle lediglich fest: Ab 30 Grad im Schatten ist die Bereitschaft gering, sich über irgendetwas aufzuregen. Einfach zu anstrengend. Krisen? Kriege? Griechenland? Ja, mei. Ist halt so. Sonne scheint, nachdenken ist viel zu anstrengend.

Die Sahara-Hitze trifft uns zur rechten Zeit. So kann man sich immerhin endlich in die griechische Finanztragödie einfühlen, die man ja rational schon kaum noch begreift. In Griechenland haben sie so ein Knaller-Wetter fast ganzjährig. Wie sollen die bedauernswerten Leute dort Pläne machen und langfristige Strategien entwickeln? Immer, wenn Tsipras mal eine Idee hat, kommt der Varoufakis mit ‘ner Karaffe eisgekühltem Retsina vorbei oder umgekehrt – schon stellt sich das sichere Gefühl ein, man könne sich doch auch noch mit der Krise beschäftigen, wenn mal eine Woche Nieselregen ist. Problem, siehe oben: Es gibt keine Woche Nieselregen in Griechenland. Bloß bei uns, da gibt es so etwas leider irrsinnig oft.

Dabei gibt es durchaus Gutes zu vermelden, sogar aus unmittelbarer Nachbarschaft. Die „Rote Flora“, das seit Jahrzehnten umstrittene, linksautonome Kulturzentrum im Hamburger Schanzenviertel, erstrahlt plötzlich im frischen Weiß ihrer gründerzeitlichen Fassade. Es handelt sich um eine Kunst-Installation: Die Abbildung der ursprünglichen „Flora“-Fassade auf einer 700 Quadratmeter großen Plane. Dergleichen hat schon zu Fürst Potemkins Zeiten prima funktioniert. Vielleicht sollte man das mal in großem Stil versuchen. Eine Plane über ganz Griechenland, darauf ein schönes Bild: Allen Bürgern quellen fette Euronotenbündel aus den Taschen, und sogar die Akropolis ist heil. Oder am besten gleich den ganzen Planeten einwickeln und neu zeichnen. Nebeneffekt: Unter der schattigen Plane lassen sich gemeinsam versöhnliche Feten feiern. One World, one Party.

Und der Nieselregen kann uns mal.