Henstedt-Ulzburg. Geht es nach der CDU, soll die Gemeinde auf eine HVV-Anbindung verzichten und stattdessen einen eigenen Busverein gründen.
Keine HVV-Busse, sondern Bürgerbusse, die von einem Verein betrieben werden – das ist die Idee, die zurzeit von der Gemeindeverwaltung in Henstedt-Ulzburg untersucht wird. Die CDU-Fraktion hat das Projekt „Unser Bus e.V“ aus der Taufe gehoben – es könnte die Struktur des öffentlichen Personennahverkehr in der Region massiv verändern.
„Unzulänglich und zu teuer“: Mit diesen harten Formulierungen bedenkt der CDU-Gemeindevertreter Jens Müller den jetzigen Busverkehr in Henstedt-Ulzburg. Gemeinde und Kreis zahlen dafür jährlich 350.000 Euro Zuschuss, für empfohlene Nachbesserungen kämen 560.000 Euro hinzu – über 900.000 Euro für einen Busbetrieb inklusive Schülerbeförderung, der viele Einheimische nicht zufriedenstellt? Jens Müller zumindest empfindet das als empörend.
Und viele andere Gemeindepolitiker sind ebenfalls nicht begeistert vom HVV-Angebot. Denn eine Anfahrt der AKN-Station Meeschensee gibt es ebenso wenig wie eine direkte Verbindung der einzelnen Ortsteile untereinander. Ferner wird die schlechte Bedienung des wachsenden Gewerbeparks im Norden der Gemeinde und des Ortsteils Götzberg gerügt.
Das kann, so sieht es jedenfalls die CDU, alles besser werden, wenn auf den HVV verzichtet wird und die Bürger es selber in die Hand nehmen, indem sie zum Beispiel einen Verein gründen. Jens Müller spricht von einem „umfassenden und jederzeit durch die Gemeinde anpassbaren Beförderungsangebot“. Seiner Ansicht nach könnte „Unser Bus e.V.“ ein Gewinn für alle Beteiligten werden. Für die Bürger aufgrund des deutlich besseren Linienangebotes und wegen des günstigeren Fahrpreises, was beides für den CDU-Politiker eine wichtige Voraussetzung für die angestrebte Stärkung des öffentlichen Busbetriebs ist. Der Gemeindehaushalt würde entlastet, weil die Förderzuschüsse geringer würden. Henstedt-Ulzburg insgesamt würde durch die Stärkung der Infrastruktur und der umweltfreundlichen Mobilität profitieren.
Das Müller-Konzept, das auch von den übrigen Fraktionen und von der Verwaltung mit Wohlwollen behandelt wird, kann nur funktionieren, wenn möglichst viele Bürger dahinterstehen. Für einen Monatsbeitrag von fünf Euro pro Person kann, so sieht es das Konzept vor, jedes Vereinsmitglied so viel und so oft fahren wie nötig. Dafür sollen fünf Busse mit je 14 Sitzplätzen und ein Reservebus zur Verfügung stehen. Kosten je Bus: 70.000 bis 90.000 Euro. 15 voll bezahlte Mitarbeiter sollen für den Betrieb eingestellt werden. Jens Müller kalkuliert mit 6000 Vereinsmitgliedern, die jährlich 300.000 Euro in die Kasse zahlen würden. Die HVV-Buslinie 293 soll nach seinen Plänen später von Norderstedt aus zur Paracelsus-Klinik fahren, an der Wilstedter Straße soll es Umsteigemöglichkeiten für die Stadtbuslinie geben.
Während Politiker Müller mit der Öffentlichkeitsarbeit für das Busvereins-Projekt am liebsten sofort loslegen möchte, wird er von seinen Kollegen im Umwelt- und Planungsausschuss noch etwas ausgebremst. Zwar finden sie die Idee auch gut, aber sie wollen nichts überstürzen. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, für die bereits entsprechende Flyer gedruckt wurden, soll zunächst das Interesse der Bürger an dem geplanten Angebot und die Bereitschaft zum Systemwechsel ermittelt werden.
Soweit das Ergebnis der Bürgerbefragung für den Bürger-Stadtbus positiv ausfällt, würde sich die Bildung eines Expertenteams zur Abstimmung der organisatorischen, finanziellen, technischen, juristischen und personellen Belange anschließen.
Das bedeutet: Es bestehen noch erhebliche Bedenken, mit der Öffentlichkeitsarbeit zu beginnen, ohne dass im Vorwege die organisatorischen, finanziellen, technischen, juristischen und personellen Belange näher geprüft und die sich daraus möglicherweise ergebenden Konsequenzen im Ausschuss erörtert wurden. Eine Machbarkeitsstudie soll Klarheit bringen, ob und wie alles laufen könnte.
Die Einbindung der Nachbargemeinden, Fördermittel durch die Aktivregion Alsterland – all das soll zunächst geprüft werden. Die CDU regt an, ein Expertenteam für die Abstimmung aller zu klärenden Belange zu gründen. Jens Müller denkt schon drei Schritte weiter: Wenn es nach ihm ginge, soll der Bürger-Stadtbus bereits 2017 in Betrieb gehen.
Aber zunächst will er intensiv für sein Projekt werben: Mit 20.000 Flyern, an deren Finanzierung Firmen und Institutionen aus Henstedt-Ulzburg beteiligt sind, soll die Bevölkerung nach den Sommerferien auf das Projekt „eingeschworen“ werden.
Wichtig ist für den Initiator des Projektes, dass alle Verantwortlichen dahinterstehen und ein Konsens quer durch alle Fraktionen erreicht wird. Das könnte durchaus funktionieren: Im Umwelt- und Planungsausschuss stimmten alle Abgeordneten für das Erstellen einer Machbarkeitsstudie. Für Jens Müller ist das ein erster Schritt auf dem Weg zur Verwirklichung des Projekts.