Das lang ersehnte Verkehrsstrukturgutachten wurde in Teilen vorgestellt. Die Gutachter schlagen Maßnahmen vor, um den Verkehr auf der Hamburger Straße zum Fließen zu bringen.
Henstedt-Ulzburg. 200.000 Euro hat die Gemeinde Henstedt-Ulzburg für das lang ersehnte Verkehrsstrukturgutachten ausgegeben. Im November 2013 sollte es fertig sein, aber erst jetzt liegt es in Teilen auf dem Tisch. Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), Umgestaltung der Hamburger Straße, Attraktivitätssteigerung des Kiefernweges, mehr Möglichkeiten für Radfahrer: Mit diesen Eckpfeilern und anderen Maßnahmen soll der Verkehrsfluss in der Gemeinde verbessert werden. Bei der Vorstellung des Konzeptes sahen sich die Verfasser, die VCDB-VerkehrsConsult Dresden-Berlin, massiver Kritik der Mitglieder des Umwelt- und Planungsausschusses ausgesetzt.
Zwei Hauptthemenfelder haben die Gutachter in Henstedt-Ulzburg ausgemacht: Die Hamburger Straße und die Verkehrsberuhigung im Ortsteil Rhen. Die Optimierung der grünen Welle auf der Hamburger Straße ist eine Maßnahme, der Umbau der Straße eine andere. Vorgeschlagen wird die Einführung eines östlichen Radfahrstreifens von 1,85 Metern Breite in Verbindung mit einer Verengung der Fahrbahn und einer Teilverlagerung des Fahrbahnquerschnittes für die Verbesserung der Geh- und Radwege in den westlichen Grünstreifen.
Dieser im Gutachten verankerte Vorschlag wurde von politischer Seite mit wenigen Sätzen ausgehebelt: Eine solche Maßnahme stünde im Widerspruch mit der vom Land vorgesehenen Grundinstandsetzung der Hamburger Straße. Eine gerade runderneuerte Straße wieder aufzubrechen, um Sielschächte zu verlegen und Fahrbahnen zu verändern, wird zumindest als problematisch eingestuft.
Der Kirchweg könnte nach Ansicht der Gutachter teilweise für den Durchgangsverkehr gesperrt und als „schnelle und staufreie Achse“ für Busse genutzt werden. Allerdings würde die Hamburger Straße dadurch 15 Prozent mehr Verkehr auf sich ziehen.
Eine Schwachstelle haben die Gutachter im Kreuzungsbereich Kiefernweg/Norderstedter Straße in Henstedt-Rhen ausgemacht. Sie haben festgestellt, dass die Mehrheit der Autofahrer nicht den Kiefernweg, sondern die Norderstedter Straße in Richtung Schleswig-Holstein-Straße nutzt. Bis zu 11.000 Fahrzeuge pro Tag auf der Norderstedter Straße mit 30 Prozent Durchgangsverkehr, aber nur 5000 auf dem Kiefernweg – eine Relation, die nach Ansicht der Gutachter nicht stimmig ist. Sie schlagen vor, die Route über den Kiefernweg attraktiver zu gestalten und den Verkehr durch geänderte Ampelschaltungen zu beeinflussen. Auf der Norderstedter Straße sollte unter anderem ein Schutzstreifen für Radfahrer eingerichtet werden.
Die Verkehrsbelastung der Wilstedter Straße hat längst den Rahmen einer Wohnstraße gesprengt, wird in dem Gutachten festgestellt. Etwa ein Drittel des Verkehrs wird durch die Paracelsus-Klinik erzeugt. Zwei Handlungsalternativen werden vorgestellt: Ausbau der Wilstedter Straße zur Sammelstraße mit dem Effekt, dass die Attraktivität als Ausweichstrecke zur Schleswig-Holstein-Straße erhöht wird. Oder eine Zufahrt vom Brüderhof nur für Anlieger unter Beibehaltung von Tempo 30, um ein Nutzungsniveau als Wohnstraße zu erreichen. Offen bleibt, welche Empfehlung die Gutachter geben.
Auf allgemeine Zustimmung stoßen die Vorschläge zur Optimierung des ÖPNV. Bei einem ganztägigem 20-Minuten-Takt der Linie 293, einem 60-Minuten-Takt der Gemeindelinie 196 und zusätzlichen Haltestellen in Henstedt sowie anderen Verbesserungen (regelmäßige Direktanbindung der Klinik an die AKN, Verbesserung der Anschlussverbindungen Bus – AKN) könnten die Fahrgastzahlen um 20 Prozent gesteigert werden. „Dringend empfohlen“ wird der Ausbau von P+R-Stellplätzen im Bereich Meeschensee und Ulzburg-Süd, nicht aber in Ulzburg-Centrum, weil der dortige Bahnhof mit anderen Verkehrsmitteln gut zu erreichen ist.
Die Planer gehen auch auf den Bau von Umgehungsstraßen im Osten und Westen des Ortes ein, betrachten diese Möglichkeiten aber distanziert. Sie stehen auch kaum zur Debatte: Alle infrage kommenden Varianten sind längst verbaut. In der politischen Diskussion spielen sie keine Rolle mehr. Erstaunt waren die Ausschussmitglieder, dass noch kein Gesamtverkehrsstrukturgutachten vorliegt. Es sollte während einer Einwohnerversammlung am 10. Juli vorgestellt werden. Die Versammlung findet statt, jedoch ohne Erörterung der Verkehrsprobleme. Es wird um die Innenentwicklung der Gemeinde gehen.