Bad Bramstedt. Nach Eltern-Protesten will Anwältin Hilfe für 300 rheumakranke Kinder im Eilverfahren durchsetzen. Bundespolitiker schalten sich ein.
Der Streit um die Versorgung rheumakranker Kinder wird voraussichtlich in wenigen Tagen die Sozialgerichte beschäftigen. Per Eilantrag will die Rechtsanwältin Maike Domke im Auftrag von Eltern durchsetzen, dass die Jungen und Mädchen auch künftig mit der Infusionstherapie des Bramstedter Kinderarztes Nicolay Tzaribachev behandelt werden. „Akut betroffen sind derzeit 300 Infusionskinder“, sagt die Elmshorner Juristin. Diese Verfahren will sie Ende der Woche starten, wenn eine Eilpetition im Landtag ohne Ergebnis verläuft.
Maike Domke begründet die Eilanträge damit, dass das Warten auf ein reguläres Verfahren für die Kinder nicht zumutbar sei. Die Eltern fürchten starke Schmerzen und rheumatische Schübe, sobald die Therapie abgesetzt wird.
Fast alle Eltern der kranken Kinder haben Bescheide ihrer Krankenkassen erhalten, dass die Therapie in der Praxis des Bramstedter Arztes ab 30. Juni nicht mehr bezahlt wird. Dabei berufen sich die Kassen darauf, dass diese Leistungen nur in Krankenhäusern abgerechnet werden können.
Zweifel an Therapie
Sondervereinbarungen mit dem Arzt lehnen die Kassen ab und verweisen die Patienten an Krankenhäuser in Kiel, Lübeck und Heide. Nach Abendblatt-Informationen bezweifeln Gutachter des Medizischen Dienstes außerdem, dass die Therapie in der Rheumatologischen Kinderpraxis Tzaribachev (Rhe.ki.tz) zu Erfolgen führt.
Das sehen die Eltern und Kinder anders. Am Sonnabend hatten sie mit 300 Menschen einen Demonstrationszug gebildet und gegen die Entscheidung der Krankenkassen protestiert. Unisono verwiesen sie auf die Erfolge des Arztes. „Er hat unsere Kinder aus dem Rollstuhl geholt“, sagte eine Mutter. Viele Eltern sind verzweifelt, weil die Anschlussbehandlung nicht gewährleistet sei und die Kliniken erst Termine im Herbst anböten.
Doch auch dann ist nicht sicher, dass die Kinder die Infusionstherapie erhalten werden. Auch andere Behandlungen sind denkbar. „Wichtig ist, dass wir im Vorfeld die Befunde erhalten“, sagt der Sprecher der Uni-Kliniken in Kiel und Lübeck, Oliver Grieve. „Das spart Zeit.“ Er hält es für ausgeschlossen, dass die Ärzte ohne Befunde eine Therapie beginnen oder fortsetzen.
Eltern blieben außen vor
In beiden Uni-Krankenhäuser ist die Gründung von Tageskliniken für rheumakranke Kinder geplant. Möglicherweise fällt bereits heute eine Entscheidung: Die Kliniken und die Krankenkassen treffen sich zu Gesprächen.
Rechtsanwältin Maike Domke rät allen Eltern der rheumakranken Kinder, gegen die Bescheide der Krankenkasse über das Ende der Infusionstherapie Widerspruch einzulegen. Kommt es zu Gerichtsverfahren, wird die Juristin argumentieren, dass das Gut der körperlichen Unversehrtheit der Kinder höher zu bewerten sei als die Rechtsordnung. Sie kritisiert, dass die Kassen und ihr medizinischer Dienst die betroffenen Eltern und Patienten vor der Entscheidung nicht einmal angehört haben. „Die Eltern wurden nicht in das Verfahren einbezogen“, sagt Maike Domke.
Bundespolitiker schalten sich ein
Inzwischen beschäftigt die Versorgung der 300 kranken Kinder auch die Politiker. Die Sprecherin der Eltern, Kerstin Bennecke, hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, den Patientenbeauftragten des Bundes, Karl-Josef Laumann, sowie mehrere Politiker angeschrieben. Die ehemalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Renate Schmidt, und Bayerns Ex-Sozialministerin Christa Stewens haben den Eltern ihre Unterstützung zugesagt.
Der für Bad Bramstedt zuständige CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Helfrich trifft sich am Mittwoch mit Nicolay Tzaribachev zu einem Gespräch. „Ich bin mit diesem Thema verschärft in Berlin unterwegs“, sagt der Christdemokrat, der den Bundesgesundheitsminister und den gesundheitspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Jens Spahn, über die Versorgungsengpässe informiert hat.
„Was ambulant möglich ist, muss ambulant vergütet werden“, sagt Helfrich. Für ein anderes Verfahren gebe es keinen vernünftigen Grund. Der Abgeordnete fordert eine klare Vergütungsregelung und spricht sich gegen „Quartalslösungen“ aus.
Helfrichs Bundestagskollegin Karin Thissen (SPD) sagte: „Es muss sichergestellt werden, dass die Kinder optimal versorgt werden. Wir werden die Situation im Auge behalten.“
Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kristin Alheit hat am Montag in einem Schreiben die Krankenkassen gebeten, direkt mit den Betroffenen Kontakt aufzunehmen und zu erklären, wie für die Familien eine angemessene Versorgung gewährleistet werden kann.