Henstedt-Ulzburg. In Henstedt-Ulzburg kämpfen Politiker aller Fraktionen gemeinsam gegen die Starkstromleitung. Bürger sollen unterschreiben.

Eine Starkstromleitung durch Henstedt-Ulzburg darf es nicht geben. Darin sind sich alle Fraktionen in der Henstedt-Ulzburger Gemeindevertretung einig. Verwaltung und Politik wollen eine Unterschriftenaktion starten, damit möglichst viele Einwohner die Forderung unterstützen. Hilfe gibt es aus Kiel: Ministerpräsident Albig macht sich für eine Erdverkabelung stark.

Die Ankündigung des Netzbetreibers Tennet, die 380-kV-Leitung (380.000 Volt) quer durch den Ort zu ziehen, sorgt für erhebliche Unruhe. Der niederländische Netzbetreiber will die zurzeit von Osten nach Westen führende 220-kV-Leitung über die Edisonstraße, Habichtstraße und den Wald in Ulzburg-Süd als Teil der Ostküstenleitung durch die stärkere Leitung ersetzen. Allerdings mit wesentlich höheren und breiteren Masten. Laut Netzentwicklungsplan soll der Abschnitt Kreis Segeberg bis zum Raum Lübeck im Jahr 2018 fertiggestellt sein, die übrigen Teilabschnitte bis 2021. Henstedt-Ulzburg könnte auch Standort eines gigantischen Umspannwerks werden: Im Bereich Beckershof ist eine Fläche in der Größe von zehn Fußballfeldern im Gespräch.

Geplante Trasse soll verhindert werden

Während der jüngsten Gemeindevertretersitzung wurde ein Aktionsplan beschlossen, in dem die Gemeindeverwaltung aufgefordert wird, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die geplante Trasse und das Umspannwerk im Planfeststellungsverfahren zu verhindern – auch unter Zuhilfenahme geeigneter Rechtsmittel. Außerdem soll die Verwaltung mit allen von der Planung betroffenen Orten Kontakt aufnehmen und gemeinsame Erklärungen vorbereiten, um mit einer Stimme gegen die geplante Starkstromleitung zu sprechen.

Über Pfingsten legten die Henstedt-Ulzburger Gemeinderatsfraktion noch einmal nach. In einer gemeinsamen Presseerklärung wurde bekräftigt: „Es darf nicht zu der vom Netzbetreiber Tennet geplanten 380.000-kV-Leitung quer über Henstedt-Ulzburg kommen.“ Angezweifelt wird auch die Notwendigkeit einer neuen Leitung: Die berechnete Auslastung dieser neuen Leitung sei relativ gering. Die von der Tennet dargelegte Auslastung von 21 Prozent liege nur knapp über dem Grenzwert, heißt es in der Resolution. Henstedt-Ulzburgs Politiker wollen, dass ein unabhängiges Gutachten gemeinsam mit anderen Kommunen entlang der Trasse in Auftrag gegeben wird. Sie verweisen dabei auf Beispiele in Süddeutschland: Dort hätten mehrere Gutachten die Erforderlichkeit von Höchstspannungstrassen bereits widerlegt.

In der Presseerklärung wird deutlich, dass der Schulterschluss mit anderen Orten auch für gemeinsame Erklärungen und Forderungen gesucht werden soll. „Die Tennet-Pläne wären für die in diesem Bereich lebenden Menschen nicht zumutbar, ganz zu schweigen von der Zerstörung des Naherholungsgebietes Rantzauer Forstes und des dort angesiedelten Waldkindergartens.“

Unterschriftenaktion in Planung

Unterstützt wird die Forderung von den Eltern und Mitarbeiterinnen des Waldkindergartens: Innerhalb kürzester Zeit haben sie 300 Unterschriften gegen die geplante Stromtrasse gesammelt. Der genaue Wortlaut der Petition: „Mit meiner Unterschrift fordere ich den Netzbetreiber Tennet auf, von seinem Plan, die Hochspannungsleitung durch das Waldgebiet der Waldkindergartentagesstätte im Rantzauer Staatsforst zu führen, Abstand zu nehmen.“ Henstedt-Ulzburgs Bürgermeister Stefan Bauer steht hinter der Unterschriftenaktion und wird die Unterschriftenliste am kommenden Freitag entgegennehmen.

Demnächst können sich alle Henstedt-Ulzburger an einer Unterschriftenaktion beteiligen, die von der Verwaltung auf Beschluss der Gemeindevertretung in Gang gesetzt wird.

Mitte Juni entscheidet der Bundestag, ob es weitere Teststrecken für Erdverkabelungen in Deutschland gibt. Die Initiative dafür kommt von der schleswig-holsteinischen Landesregierung. Genehmigt wurden im Ausbaugesetz bisher vier Teststrecken in Niedersachsen und Hessen, die aber noch nicht realisiert worden sind. Für Höchstspannungsleitungen sind Freileitungen als Stand der Technik gesetzlich definiert. Mit Erdkabeln gibt es derzeit noch keine hinreichenden betrieblichen Erfahrungen. Sie sind weltweit bislang nur auf wenigen, sehr kurzen Strecken im Einsatz.

Bisher ist die Tennet nach geltender Rechtslage verpflichtet, den Netzausbau als Freileitung auszuführen, ein entsprechender Beschluss im Bundestag und anschließend, wahrscheinlich noch vor der Sommerpause, im Bundesrat würde die Rechtslage allerdings ändern. Danach dürfte die Tennet Erdkabel planen – auch im Raum Henstedt-Ulzburg. Das Unternehmen ist offen für neue Entscheidungen. „Wir sind bei der Verlegung von Erdkabeln europaweit führend“, sagt Tennet-Sprecher Markus Lieberknecht. „Wir richten uns nach dem gesetzlichen Rahmen.“ Bei einer Erdverkabelung müssen nach seinen Angaben zwölf Kabel in einem Abstand von 75 Zentimetern einzeln verlegt werden. In der Mitte werde eine Baustraße zusätzlich Raum einnehmen. Lieberknecht: „ In einem Wohnumfeld macht Erdverkabelung Sinn.“