Verrottetes Gebälk in der Turmkonstruktion der Maria-Magdalenen-Kirche entdeckt. Für die Sanierung sollen Spenden gesammelt werden.

Wenn etwas lange genug Bestand hat, wird es nicht mehr hinterfragt. Es ist eben da und funktioniert irgendwie – warum, das will man dann oft gar nicht so genau wissen. Ist ja schon schlimm genug, dass man alltäglich mit Katastrophen konfrontiert wird, deren Ursachen durchaus bekannt sind und gegen die man trotzdem nichts machen kann. Erdbeben im Himalaya, zum Beispiel.

Im Vergleich dazu ist folgende Meldung eine Randnotiz: Anlässlich der Bauarbeiten an der Bramstedter Maria-Magdalenen-Kirche entdeckten die Sanierer jede Menge verrottetes Gebälk in der Turmkonstruktion. Wie sich jetzt herausstellte, sind die tragenden Eichenbalken erst nachträglich mit Mauerwerk eingefasst worden und deshalb – mangels Luftzirkulation – größtenteils vermodert. Auch die Balken, an denen die Kirchenglocken hängen, erwiesen sich als vom Zahn der Zeit angenagt. Stefan Dörksen, Vorsitzender des Bauausschusses der Kirchengemeinde, brachte es auf den Punkt: Turm und Glocken hielten „nur noch aus Gewohnheit.“

Andernorts wird auch gebetet – und die Bude kracht trotzdem zusammen

Es hätte also jederzeit passieren können: Fröhliches Sonntagsgebimmel, ein übles Knacken – dann eine Staubwolke über Trümmern. Ende der Gewohnheit für alle, die darunter begraben liegen. Es ist nicht passiert. Warum nicht? Weil es „unsere“ Kirche ist? Andernorts wird auch gebetet – und die Bude kracht trotzdem ein. Einfach noch einmal Glück gehabt, könnte man sagen. Verdient haben wir das wahrscheinlich ebenso wenig wie die Menschen in Nepal ihre schrecklichen Erdbeben. Sollte dahinter tatsächlich ein Plan stecken, will man den gar nicht wissen. Ich jedenfalls nicht.

Hilfe für Menschen, denen keine Glocke mehr schlägt, weil kein Turm mehr steht

Am 4. Juli möchte die Bramstedter Kirchengemeinde 1635 (Turmbaujahr) Leute vor der Magdalenen-Kirche versammeln, die jeder mindestens einen Euro für die nun noch kostenintensiveren Sanierungsarbeiten spenden sollen. Ich hoffe, das gelingt. Es ist schließlich besser, wenn etwas (und sei es ein Turmgeläut) nicht nur irgendwie funktioniert, sondern verlässlich. Und ich hoffe, alle Spender machen mindestens einen weiteren Euro locker für katastrophengeplagte Menschen, denen keine Glocke schlägt, weil längst kein Turm mehr steht. Das zeugte von Solidarität.

Möglicherweise ist genau das der Plan dahinter. Ich sollte mich vielleicht doch damit beschäftigen.