Manches begreift man erst so richtig, wenn es nicht mehr da ist. Zum Beispiel, wenn man im Auto sitzt – und sich leider gar nichts tut.
Das wohl dosierte Zusammenspiel von Batterie, Zündkerze und Verbrennungsmotor ist eine wundersame Errungenschaft, die man eigentlich nach jedem erfolgreichen Motorstart mit frenetischer Lobpreisung feiern müsste.
Macht man aber nicht. Funktioniert ja immer. Bis die Batterie leer oder die Zündkerze verschlissen ist – vorzüglich dann, wenn’s gerade überhaupt nicht passt, also immer. Innerhalb von Sekunden fällt der moderne Mensch zurück in die mobile Steinzeit und muss zu Fuß gehen. Oder holt sich das alte Fahrrad aus dem Schuppen, nur um festzustellen, dass dessen Reifen längst verrottet sind. Das ganze Desaster geht auch noch eine Nummer größer: Flächendeckender Stromausfall, womöglich gleich für mehrere Tage. Dieses Szenario beschwor ein Fragebogen des Amtes für Katastrophenschutz, der im Oktober an 10.000 Norderstedter Bürger verschickt wurde und dessen Ergebnisse jetzt ausgewertet wurden. Fast alle Haushalte, die sich an der Befragung beteiligten, verfügen über einen Vorrat an Kerzen, Batterien und Taschenlampen. Die Lebensmittel reichen bei knapp der Hälfte immerhin für vier Tage, ohne Strom bliebe allerdings bei den meisten die Küche kalt. Aber so ein Stromausfall kann ja nicht lange dauern. Schlimmstenfalls kommt der Katastrophenschutz. Oder Rotes Kreuz, Bundeswehr oder der ADAC. Dann gibt’s eine Notration mit Pumpernickel und Dosenwurst, bald wird alles wieder gut und man hat künftig eine zünftige Anekdote mehr auf Lager.
Bloß – wenn nicht? Wenn das Stromnetz kaputt ist und es niemand wieder flickt? Kein Wasser aus der Leitung kommt, das Dach überm Kopf zusammengeschossen ist? Wenn man es mit Müh und Not geschafft hat, das nackte Leben und vielleicht noch das seiner Lieben zu retten? Um in ein Land zu kommen, in dem es endlich wieder Wasser, Strom und ein Dach überm Kopf geben soll – welches dann von dumpfen Knalltüten abgefackelt wird, denen offenbar neben dem Verstand auch das menschliche Mitgefühl abhanden gekommen ist.
Aber manchmal begreift man ja etwas dann, wenn es nicht mehr da ist. Hoffentlich.