Die Mineralölkonzerne verweisen auf Euroschwäche und steigende Preise. Tankstellenpächter fühlen sich von den Konzernen geknebelt.

Glitzernde Shopping-Welten gibt es ja schon lange und überall. Einkaufszentren, in denen der Konsum als Erlebnis zelebriert wird. Die man gerne besucht, obwohl man eigentlich momentan gar nichts benötigt.

Jetzt gibt es das Äquivalent für den mobilen Zeitgenossen: Erlebnistanken mit fröhlichem Preisroulette. Obwohl, so lustig ist das gar nicht, wenn man auf dem Weg zur Garage kurz zur Tankstelle gegenüber peilt, um den aktuellen Benzinpreis zu checken – um dann drei Minuten später an der Zapfsäule festzustellen, dass sich der Liter Sprit soeben um 20 Cent verteuert hat. Das ist dann schon ein echtes Erlebnis, allerdings kein schönes.

Der Rohölpreis fällt und fällt (derzeit liegt er bei etwa 66 Dollar pro Barrel, zu Spitzenzeiten lag er bei über 100 Dollar). Das Benzin war schon mal teurer als jetzt, doch so gewaltig wie beim Rohölpreis fällt die Differenz nicht aus. Aber fragen Sie bloß nicht, warum das so ist.

Falls doch, hören Sie immer das Gleiche: Die Mineralölkonzerne verweisen auf die Euroschwäche und steigende Preise bei den Raffinerien (kommt „Raffinerien“ eigentlich von „raffiniert“ oder von „raffen“?). Die Tankstellenpächter fühlen sich von den Ölkonzernen geknebelt, vom Finanzamt gebeutelt und vom Rest der Welt chronisch ungeliebt. Der Staat kassiert mit und beglückt mit der Gründung einer „Marktransparenzstelle für Kraftstoffe“, die uns eine App beschert hat, mittels derer wir die Tanke mit dem günstigsten Spritpreis in unserer Nähe ermitteln können. Dabei wissen wir den schon: immer zu teuer. Und die App nützt vor allem den Tankstellenpächtern, die jetzt nicht mehr bei der Konkurrenz vorbeifahren müssen, um deren Preise auszuspionieren. Folge: Preisroulette. Was machen wir? Tanken. Weil die Anzeige im Auto bereits auf „Reserve“ steht. Uns bleibt nichts anderes übrig. Oder?

Denken Sie mal an die Einkaufszentren. Der Bummel dort macht doch am meisten Spaß, wenn man eigentlich nichts braucht. Also: Nächstes Mal fahren Sie an die Tanke, wenn der Tank noch mindestens halb voll ist. Gucken sich den Benzinpreis an, blättern ein wenig im Zeitschriftenregal oder kon-
trollieren das Haltbarkeitsdatum diverser Schokoriegel. Und dann sagen Sie: „Wollte bloß mal stöbern, komme vielleicht wieder, wenn der Sprit billiger ist. Tschüs!“

Tanken müssen Sie natürlich trotzdem irgendwann. Aber man fühlt sich besser, wenn man nicht immer das Opfer ist.