Norderstedt. Das fordern Väter und Mütter, die sich zum Kita-Streik-Frühstück in Norderstedt trafen. Viele können nicht arbeiten, wenn die Kitas zu sind.
Die Eltern stecken im Zweispalt: Einerseits haben sie Verständnis für den Streik der Kita-Mitarbeiter und deren Forderungen nach besserer Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen. Zum anderen geraten Väter und Mütter in Not, wenn die kommunalen Einrichtungen geschlossen sind oder nur mit einer Notbesetzung arbeiten. Sie haben Schwierigkeiten, ihre Kinder betreuen zu lassen und ihre Jobs auszuüben.
„Wir wollen mit unserer Aktion auf die Notlage vieler Eltern aufmerksam machen und erreichen, dass Gewerkschaft und öffentliche Arbeitgeber möglichst schnell an den Verhandlungstisch zurückkehren“, sagt Doris Dopheide. Die Vorsitzende der Elternvertretung von der Kita Wichtelhöhle hatte das Kita-Streik-Frühstück vor und im Norderstedter Rathaus organisiert. Rund 70 Väter und Mütter waren dem Aufruf gefolgt und hatten sich am gestrigen Montag zunächst auf dem Rathausplatz versammelt. „Mit der Resonanz bin ich zufrieden, schließlich mussten wir sehr kurzfristig reagieren, und es war schwierig, so schnell mit den Elternvertretern der anderen Einrichtungen Kontakt aufzunehmen“, sagte die Organisatorin.
Eltern wollen Druck erhöhen
Sie und die Eltern, die sie mobilisierte hatte, wollen den Druck auf die Verhandlungspartner verstärken, die Gespräche möglichst schnell wieder aufzunehmen. Die Gewerkschaft Ver.di fordert zehn Prozent mehr Gehalt für die Erzieher und Erzieherinnen, die Arbeitgeber sehen bisher dafür keinen Spielraum. Ver.di rief zum Arbeitskampf auf, inzwischen folgt das Kita-Personal im ganzen Land dem Streikaufruf. „Natürlich können wir gut verstehen, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für ihre Arbeit angemessen bezahlt werden wollen. Doch der Streik stellt viele Eltern vor extreme Probleme. Sie können nicht zur Arbeit gehen oder müssen die Betreuung ihrer Kinder aufwendig organisieren“, sagt Doris Dopheide.
Inga Hopfer, Elternvertreterin der Kita Friedrichsgabe, bestätigt das: „Ich kenne Eltern, die haben ihre Eltern extra aus Berlin einfliegen lassen, damit sich die Großeltern um die Kinder kümmern und sie zur Arbeit gehen können.“ Eine Betreuung über mehrere Tage oder gar Wochen zu organisieren, sei extrem schwierig. Der Streik in dieser massiven Form treffe die Väter und Mütter relativ unvorbereitet.
Streik muss schnell beeendet werden
René Senenko war mit seiner Enkelin Lilli, 5, gekommen: „Ich unterstütze den Streik und bin auch dafür, dass diejenigen, die viel Verantwortung für die Entwicklung der Kinder tragen, vernünftig bezahlt werden, und dass es ausreichend Peronal gibt, damit die Kinder auch während der Urlaubszeit gut betreut werden können“, sagte Senenko. Auf der anderen Seite müsse der Streik möglichst schnell beendet werden, damit die Eltern morgens beruhigt zur Arbeit gehen können.
„Mal sehen, ob die Stadt uns ins Rathaus lässt“, sagte Doris Dopheide. Tatsächlich öffneten sich nicht nur die Eingangstüren, Rathaussprecher Hauke Borchardt hatte noch schnell eine große Kiste mit Äpfeln besorgt. Die Verwaltung akzeptierte die Eltern-Initiative, Mütter, Väter und Kinder ließen sich im ersten Stock nieder, um zu frühstücken. Damit schufen sie ein Stück der Gemeinschaft und Gemeinsamkeit, die die Jungen und Mädchen sonst in ihren Kita-Gruppen erleben. Und zu Brot und Gemüse, das die Rathaus-Besucher in Frühstücksdosen mitgebracht hatten, gab es die kostenlosen Vitamine von der Stadt dazu – und Kaffee.
Sozialdezernentin Anette Reinders schob ein große Kanne und Becher auf einem Wagen ins Treppenhaus. Sie habe Verständnis dafür, dass die Eltern die gewohnte Betreuungssituation möglichst umgehend wieder herstellen möchten. Obwohl sie auf der Arbeitgeberseite stehe, könne sie aber genauso verstehen, dass die Erzieher und Erzieherinnen die Arbeit niederlegen, um ihrer Forderung nach mehr Gehalt Nachdruck zu verleihen. Der Erzieher-Beruf sei eindeutig unterbezahlt. Wenn man sehe, dass die qualifizierten Kräfte eine fünfjährige Ausbildung und ein Hochschulstudium hinter sich haben, dann sei das Gehalt verglichen mit anderen Berufsgruppen nicht angemessen. Falls die Gewerkschaften die zehnprozentige Gehaltserhöhung durchsetzen, würden auf die Städte und Gemeinden erhebliche Kosten zukommen. „Wir als Stadt sitzen nicht mit am Verhandlungstisch und können somit auch kaum Einfluss ausüben, damit die Parteien zu Gesprächen zurückkehren“, sagte die Dezernentin.
In Norderstedt werden alle städtischen Kitas bestreikt und sind mit folgenden Ausnahmen geschlossen: Die Kita Pusteblume und der Hort Niendorfer Straße bleiben geöffnet. Die Kita Sternschnuppe bietet eine eingeschränkte Betreuung von 8 bis 16 Uhr an. Für eine Notbetreuung fehle qualifiziertes Personal.
Die Stadt informiert aktuell auf ihrer Homepage unter www.norderstedt.de.