Nicht nur für die Modewelt, sondern für alle Bereiche unserer Lebens gilt: „Retro“ und „Vintage“liegen derzeit voll im Trend.
Eigentlich betrachtet Ihre „Wochenschau“ ja vor allem die Geschehnisse auf Kreisebene. Aber die wirklich weltbewegenden Themen darf man nicht ignorieren, da muss man einfach mal den Blick über den lokalen Tellerrand hinaus erheben. Zumal unsere Leser zu Recht erwarten dürfen, dass ihre Zeitung verlässliche Zukunftsprognosen stellt. Ich rede hier nicht über Pillepalle wie Klimaentwicklung, Bevölkerungsexplosion oder den Weltfrieden. Es geht um die „Mailänder Woche“: Sechs Tage, 70 Modenschauen, auf denen Mailands angesagteste Textildesigner ihre Trends präsentieren.
Wer dabei denkt: Okay, schau’n wir mal, was ich demnächst anziehen muss, wenn’s endlich Frühling wird – der hinkt reichlich hinterher. Denn gezeigt wurde jetzt die Mode für die nächste Herbst/Winter-Saison. Dazu gehören auch Accessoires. Besonders gut gefällt mir eine Mariú-De-Sica-Handtasche. Fühlt sich an wie Leder, ist jedoch aus Holz. Kriegt meine Frau zum Geburtstag. Dann ist immer was zum Verfeuern dabei, wenn ich beim Ausflug die Grillkohle vergesse. Das Geld für eine neue Handtasche sollte dann allemal vorhanden sein, denn, und das ist die gute Nachricht von der „Mailänder Woche“, mehr müssen Sie für Trendklamotten im nächsten Herbst nicht ausgeben. Die Zauberworte heißen „Retro“ (rückwärtsgewand) und „Vintage“ (altehrwürdig, erlesen). Beide Attribute sind sozusagen Ihr Persönlichkeitsmerkmal? Bingo. Jetzt benötigen Sie bloß noch Ihre Hippie-Kleidung von damals: Blumenkleider, Jeansjacke mit Fransen, Ethno-Fummel und dergleichen! Dann liegen Sie modisch wieder ganz weit vorn und dürfen Ihr sauer verdientes Geld für sinnvolle Dinge aus dem Fenster werfen.
Was wäre es schön, griffen die schlichten Mechanismen der Modewelt auch in anderen Bereichen. Fußball, zum Beispiel. Warum nicht mal eine Retro-Saison einschieben? Der HSV wird Meister und verliert nur die Partie im Vintage-Erstligaderby gegen St. Pauli. Florian Silbereisen gibt ein Retro-Konzert ohne Playback und Verstärker, hörbar nur im Umkreis von fünf Metern. Oder während der kompletten Sommerferien Retro-Tanken zum Preis von vor der Ölkrise anno 73, wäre auch nicht schlecht.
Können wir uns abschminken. „Retro“ ist schlicht: „Out“. Außer bei der „Mailänder Woche“.