Die Norderstedter haben resigniert, die örtliche Interessengemeinschaft für Fluglärmschutz will den Widerstand wieder beleben. Denn in den Walddörfern hatte der massive Protest Erfolg. Die Politiker reagieren.
Norderstedt. Sie haben das gleiche Ziel, und doch sind sie im Moment Gegenspieler: Die Norderstedter Interessengemeinschaft für Fluglärmschutz (NIG) will genauso wie die Bürgerinitiative in den Walddörfern den Fluglärm reduzieren und die Betroffenen vom Schall der Maschinen, der krank machen kann, entlasten. Und da haben die Fluglärmgegner aus dem Nordosten Hamburgs momentan die Nase vorn. Seit Jahren mobilisiert die Initiative die Anwohner so massiv und erfolgreich, dass sich die Hamburger Politiker für das Anliegen einsetzen und einen Zehn-Punkte-Plan verabschiedet haben, mit dem der Lärm aus der Luft verringert werden soll. Die Fluglärmschutzkommission will sich in einer Sondersitzung am 26. September abschließend mit dem Maßnahmenpaket beschäftigen.
„Doch wenn der Lärm in Hamburg reduziert wird, wird er im Umland zunehmen. Es ist langfristig damit zu rechnen, dass vermehrt Flüge über Norderstedt abgewickelt werden“, sagt NIG-Chef Hans Schwarz. Er befürchtet, dass hier Fluglärmgegner gegeneinander ausgespielt werden. „Einer solchen Entwicklung müssen wir entgegenwirken. Eine gleichmäßige Verteilung der Flüge ist wichtig“, sagt Schwarz.
Dafür kämpfen die Norderstedter schon seit Jahrzehnten vergeblich. Inzwischen hat sich Resignation breit gemacht, hat der NIG-Chef festgestellt. „Die Garstedter sprechen mich zwar an und erzählen von dem Donnerbock, der sie nachts aus dem Schlaf gerissen hat. Aber wenn ich sie auffordere, sich bei der Fluglärmschutzbeauftragten zu beschweren, zucken sie nur mit den Schultern und sagen, das bringe ja doch nichts.“ Falsch, wie das Beispiel der Duvenstedter und ihrer Nachbarn zeigt: 658 Beschwerden aus den Walddörfern gingen im Vorjahr ein, insgesamt verzeichnet die Statistik der Fluglärmschutzbeauftragten 4564 Beschwerden. 2005 waren es noch 1448. Daher appelliert Schwarz an die Norderstedter, wieder aktiver zu werden und Druck auszuüben. Dafür will er auch werben, wenn sich die NIG am 23. Oktober ab 19 Uhr im Hotel Heuberg am Kahlenkamp 2 zur Mitgliederversammlung trifft.
Schwarz vermutet, dass die Menschen zunehmend sensibler auf Fluglärm reagieren und eher bereit sind, sich gegen die gesundheitsgefährdende Belastung zu wehren. 1200 Unterschriften haben die Fluglärmgegner im Hamburger Nordosten gesammelt, in Diskussionsrunden ihrem Unmut immer wieder Luft gemacht. Die Politiker sind parteiübergreifend aufgesprungen, bietet das Engagement für den Lärmschutz doch, so Schwarz, die Chance, sich für die Bürgerschaftswahl im nächsten Jahr zu profilieren.
Laut Statistik hat der Fluglärm über den Walddörfern allerdings nicht zugenommen. „Ich habe mir die Aufzeichnungen über die Flugbewegungen seit 2009 angesehen und keine Veränderung festgestellt“, sagt die Fluglärmschutzbeauftragte Gudrun Pieroh-Joußen. Die Bahn Langenhorn/Lemsahl sei nach wie vor die Hauptlandebahn, da die Flugzeuge möglichst gegen den Wind landen sollen und hier Wind aus westlichen Richtungen vorherrsche. 46 Prozent der Flugzeuge landen über diese Bahn.
Die Betroffenen hatten hingegen deutlich gemacht, dass es sich nicht um subjektives Empfinden handele. Ihre Kritik: Die Sicht- und Kurzanflüge, die mehr Lärm verursachten, hätten zugenommen. Das müsse abgestellt werden, die Maschinen müssten die lärmoptimierten Landewege einhalten.
Die Bewohner von Norderstedt, Quickborn und Hasloh müssen die Hauptlast der Starts tragen. 42.768 waren es im Vorjahr, das entspricht 61 Prozent. Auch insgesamt müssen die Menschen in diesen Orten den meisten Lärm verkraften. 63.358 Maschinen sind über die Norderstedter Bahn gestartet und gelandet, 45 Prozent der gesamten Flugbewegungen.
„Das ist nicht hinzunehmen“, sagt Reimer Rathje von der WIN, die vor allem in die Stadtvertretzung gewählt wurde, weil sie den Fluglärm verringern will. Rathje will Gespräche mit der Bürgerinitiative in den Walddörfern führen, um zu verhindern, dass die Fluglärmgegner gegeneinander ausgespielt werden und ein gemeinsames Vorgehen zu erreichen. „Je größer die Anti-Fluglärm-Lobby ist, desto mehr können wir erreichen“, sagt der WIN-Fraktionschef.