50 von 180 Zügen fuhren zwischen 3.30 und 10 Uhr nicht. Die Gewerkschaft will den Flächentarifvertrag, der fast überall im Bundesgebiet gültig ist, auch bei der AKN durchsetzen.

Kreis Segeberg/Kreis Pinneberg. Ein Warnstreik der Lokführer hat am Freitag zu Ausfällen im Fahrplan der AKN geführt. 50 von 180 Zügen fuhren zwischen 3.30 und 10 Uhr nicht. Tausende Berufspendler und Schüler mussten Verspätungen in Kauf nehmen. Auf den Linien A1 von Neumünster über Kaltenkirchen und Quickborn nach Hamburg und A2 von Ulzburg-Süd nach Norderstedt wurde der Fahrplan ausgedünnt. Auf der A2 von Ulzburg-Süd über Barmstedt nach Elmshorn mussten die Kunden auf Busse umsteigen.

„15 Kollegen haben ihren Dienst nicht angetreten“, sagt AKN-Sprecherin Marion Saß. Die streikenden Lokführer trafen sich mit Kollegen am Bahnhof Kaltenkirchen und informierten die Fahrgäste über die Gründe des Ausstands. Die Gewerkschaft der Lokführer will den Flächentarifvertrag, der fast überfall im Bundesgebiet gültig ist, auch bei der AKN durchsetzen. Jan Schlatermund Sprecher der GDL-Tarifkommission, sagte: „Seit 2000 streiken wir etwa alle zwei bis drei Jahre zu den Tarifverhandlungen. Früher war das nicht nötig."

Am Donnerstagabend hatte die GDL die AKN über den bevorstehenden Streik unterrichtet. Das Eisenbahnunternehmen veröffentlichte auf seiner Homepage einen Notfahrplan und informiert morgens auf mehreren Radiostationen über die Ausfälle. „Dadurch, dass wir vorab informieren konnten, hielten sich die Anfragen heute morgen im Rahmen“, sagte AKN-Sprecherin Saß über die Kundenreaktionen. „Insgesamt konnten wir die Auswirkungen in Grenzen halten.“

Doch nicht alle Fahrgäste hatten rechtzeitig von dem Streik erfahren. Viele AKN-Kunden reagierten genervt auf Verspätungen und Zugausfälle. Der elfjährige Flemming aus Kattendorf „strandete“ in Kaltenkirchen und saß wütend, hilflos und bockig auf seinem Rucksack neben den streikenden Männern der GDL. Eingeschüchtert lehnte er die Hilfe der AKN-Mitarbeiter ab. Irgendwann kam seine Vater, holte den Jungen ab und fuhr ihn zum Lessing-Gymnasium nach Norderstedt.

Die Henstedt-Ulzburgerin Gabriele Bohla wartete in Ulzburg-Süd auf die verspätete Verbindung nach Elmshorn: „Das ist echt blöd, dass niemand etwas gesagt hat. Die Bahn fährt hier ja eh nur alle Stunde.“ Auch AKN-Kundin Antje Mataruski ist sauer: „Bei der Rufnummer, bei der man weitere Informationen erhalten soll, sind die sehr unfreundlich geworden.“ Sie höre morgens kein Radio und sei deshalb vom Streik überrascht worden. Taxifahrer Abdulsamee Saied freute sich hingegen: Er hatte einen Fahrgast zum Bahnhof gebracht, der mit dem Taxi gleich weiter zum Zielort gefahren sei, nachdem er von dem Streik erfahren habe.

Die AKN hatte sich vom Warnstreik überrascht gezeigt und ihn kritisiert: „Wir haben der GDL fristgerecht auf ihr Schreiben von 20. Juni 2014 geantwortet, ein angepasstes Angebot abgegeben und die Weiterführung der Verhandlungen vorgeschlagen. Dass die GDL trotzdem zum Streik aufruft, ist für uns nicht nachvollziehbar“, hieß es in einer Stellungnahme von AKN-Vorstand Wolfgang Seyb. Die AKN bedauere die Auswirkungen des Streiks für die Fahrgäste und hoffe für alle Beteiligten, dass die GDL an den Verhandlungstisch zurückkehre. Das Unternehmen stehe kurfristig für Gespräche zur Verfügung.

AKN-Sprecherin Saß erklärte, der Flächentarifvertrag sei nicht pauschal bei der AKN umsetzbar. Wegen der viele Sonderregelungen für die Lokführer bei dem Unternehmen würde die AKN nach der Einführung mit ihren Leistungen deutlich über denen anderer Eisenbahnunternehmen liegen. Das Unternehmen wiederholte seine Forderung, zunächst den Flächenvertrag mit dem bestehenden Hausvertrag zu vergleichen. Vorher könne man nicht über die Einführung des Flächentarifvertrags verhandeln. Die Verhandlungen zwischen der GDL und der AKN waren im März abgebrochen worden.

Bei einer Pressekonferenz in einem Kaltenkirchener Nobelhotel wehrte sich der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky gegen den Vorwurf, die Fahrgäste nicht rechtzeitig informiert zu haben. Der AKN liege die Ankündigung seit einer Woche vor, sagt er. „Das Eisenbahnverkehrsunternehmen ist in der Pflicht, die Fahrgäste zu informieren.“

Nach einem Gespräch mit AKN-Chef Seyb kündigte Weselsky an, Arbeitsniederlegungen bis zum Mittwoch auszusetzen. Sollte es dann zu keiner Verständigung kommen, könnten weitere Warnstreiks und danach eine Urabstimmung über einen längeren Ausstand folgen. „Irgendwann ist die Geduld der Kollegen zu ende“, sagte Weselsky. „Wir können die Schlagzahl erhöhen.“ Die GDL hatte bei der Tarifauseinandersetzung im Jahr 2011 sechs Wochen lang gestreikt.

Ab 10 Uhr fuhren die Züge auf der A1 und A2 wieder nach Fahrplan, auf der A3 normalisierte sich der Verkehr gegen 12 Uhr.