Der Grüngürtel zwischen dem Gelände des Wagenhuber-Betonwerkes und der Nachbarbebauung soll weichen. Umgestürzte Bäume haben während der Herbststürme Schaden an einem Haus am Gräflingsberg verursacht.

Henstedt-Ulzburg. „Ist das Gestrüpp? Oder kann das weg?“ Diese Frage beschäftigt die Kommunalpolitiker in Henstedt-Ulzburg im Zusammenhang mit der Bebauung des Wagenhuber-Geländes an der Schleswig-Holstein-Straße/Ecke Norderstedter Straße. Ein Birkenwäldchen am Rande des Geländes, auf dem bis vor wenigen Monaten das Betonsteinwerk Wagenhuber beherbergt war, soll zum Teil gerodet werden. So hat es die Mehrheit im Umwelt- und Planungsausschuss beschlossen. Nur die Politiker der WHU wollen den Grüngürtel erhalten.

Noch im September waren sich die Politiker einig: Der kleine Wald soll als Grüngürtel erhalten bleiben. Während der jüngsten Sitzung wurde der Beschluss umgeschmissen: Kein Wald, dafür mehr Wohnbebauung. Statt 2,5 Hektar können rund drei Hektar bebaut werden. Aus dem wertvollen Grüngürtel war für die Mehrheit der Gemeindepolitiker plötzlich Gestrüpp geworden, dass sich größtenteils selbst ausgesät hatte. Der Beschluss des Ausschusses hat inzwischen für eine vorweihnachtliche politische Magenverstimmung in Henstedt-Ulzburg gesorgt: In Presseerklärungen und öffentlichen Briefen beschimpfen sich Grüngürtel-Befürworter (WHU) und die Grüngürtel-Gegner (CDU) gegenseitig. Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen: Das steht der Forstbehörde zu.

Der Flächennutzungsplan wurde geändert, über die künftige Bebauung auf diesem Gelände ist indessen noch keine Entscheidung getroffen worden. Diese Entscheidung wird vermutlich auch nicht so schnell fallen: Noch ist nicht geklärt, auf welche Weise das Gelände bebaut werden kann, da immer noch nicht klar ist, auf welche Weise es verkehrlich erschlossen werden kann. Von einem ursprünglich vorgesehenen 14-stöckigen Wohn- und Bürohaus hat die Familie Wagenhuber inzwischen Abstand genommen. Statt dessen soll ein Gebäude mit fünf Geschossen an der Schleswig-Holstein-Straße entstehen. Ein neuer Plan wird derzeit erarbeitet und soll demnächst den politischen Gremien der Gemeinde als Diskussionsgrundlage dienen. Bestandteil des Plans wird nach Angaben von Walter Wagenhuber auch ein durchgehender Lärmschutzwall an der Schleswig-Holstein-Straße sein. Nach seinen Angaben hat die Forstbehörde nichts gegen die Beseitigung des Waldes.

Aufmerksame Beobachter des Streits ist die Familie Delfs, die am anderen Ende des Grüngürtels an der Straße Gräflingsberg wohnt. Das Waldstück grenzt direkt an ihr Grundstück und hat in der Vergangenheit schon häufig für Probleme gesorgt – zum Beispiel bei den Herbststürmen in den vergangenen Wochen: Ein vom Sturm geknickter Baum landete auf dem Delfschen Grundstück, wo er Zaun und Dach beschädigte. Für Brita und Thorsten Delfs war dieser Baum der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: Schon häufig hatten sie bei der Gemeinde angefragt, wer eigentlich für diesen Wald zuständig sei. „Immerhin führt ein Trampelpfad durch den Wald, der gerne von Schulkindern genutzt wird, die in Richtung Schleswig-Holstein-Straße wollen“, sagt die Geschäftsfrau. Angesichts der heftigen Stürme in den vergangenen Wochen befürchtet sie, dass es demnächst noch zu weiteren Schäden kommen könnte.

Im Rathaus reagierte man gereizt: Auch dort war angeblich nichts über die Besitzverhältnisse bekannt. Es handele sich um eine Erbengemeinschaft unbekannter Herkunft, lautete die Antwort, obwohl angesichts der Wagenhuber-Diskussionen eigentlich längst hätte bekannt sein müssen, wem der Wald gehört. Brita und Thorsten Delfs waren mit der Antwort nicht zufrieden. Familie Delfs fühlte sich als lästige Fragesteller von der Gemeinde „abgebügelt“. Auch stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf konnte ihren Mitarbeitern keine Antwort entlocken.

Vor dem Hintergrund der Diskussionen um den Grüngürtel am Rande des Wagenhuber-Geländes wurde schließlich deutlich: Dieser Wald gehört – zumindest in Teilen – der Familie Wagenhuber. „Der geknickte Baum stand wahrscheinlich auf unserem Gelände“, sagt Manfred Wagenhuber, der in den Hallen des ehemaligen Betonsteinwerkes zurzeit Kunststoffdeiche seines neuen Unternehmens Mobildeiche GmbH gelagert hat. Der Diplom-Ingenieur geht davon aus, dass der Trampelpfad, der unmittelbar am Grundstück der Familie Delfs entlangläuft, in die Zuständigkeit der Gemeinde fällt.

„Das Grundstück ist trotz der bestehenden Gefahr und des Weges wohl seit Jahrzehnten nicht mehr gepflegt und überprüft worden“, sagt Brita Delfs. „Wir sind nun Geschädigte, es wäre sicher möglich gewesen, schon im Vorfeld Schäden zu vermeiden.“ Ob sie und ihr Mann jetzt Schadensersatz gegen die Familie Wagenhuber oder gar gegen die Gemeinde geltend machen können, wird geklärt.