Die interessantesten Fragen wurden bei der Elefantenrunde mit den Kandidaten nicht gestellt. Nur ein Hauch von Wahlkampfatmosphäre.

Kaltenkirchen. Um 18.30 Uhr waren alle Parkplätze belegt, um 18.45 gab es in der Kaltenkirchener Bürgerhalle keinen Sitzplatz mehr. Der gemeinsame Auftritt der fünf Kandidaten, die Bürgermeister werden wollen, hat viele Kaltenkirchener mobilisiert. Fast 600 Menschen besuchten die offizielle Präsentation der zwei Frauen und drei Männer. "Das übertrifft unsere Erwartungen", sagte der Erste Stadtrat Karl-Heinz Richter. Viele Besucher harrten auf einem Stehplatz aus, um zu erfahren, wer am 6. November oder bei einer Stichwahl am 20. November den Chefsessel im Rathaus erobern will und welche Pläne er hat. Doch viele Erwartungen wurden enttäuscht.

Mit klangvoller Stimme moderierte Ex-NDR-Redakteur und Kirchensprecher Norbert Radzanowski den Abend. Doch Radzanowski verzichtete auf jede Spitze, verkniff sich Fragen mit Biss und verbreitete die Gemütlichkeit eines Welle-Nord-Wunschkonzerts am Sonntagnachmittag. "Langweilig" urteilten sogar Kandidaten nach der Veranstaltung. "Da konnten wir auch nicht viel dran ändern."

Ist der Streit zwischen Sünwoldt und den Kritikern beigelegt?

Gern hätten die Zuschauer erfahren, ob der Streit zwischen dem Kandidaten und Ex-Bürgermeister Stefan Sünwoldt mit seinen Kritikern beigelegt ist. Interessant wären auch Informationen gewesen, warum die SPD den Sozialdemokraten Sünwoldt nicht unterstützt, dafür aber den parteilosen Gerhard Blasberg. Oder warum die Liberale Elke Adomeit nicht als offizielle FDP-Kandidatin auftreten möchte. Weitere offene Fragen: Warum vermeidet Hanno Krause, seine Mitgliedschaft in der CDU an die große Glocke zu hängen, während er den Parteiapparat nutzt, um Wahlkampf zu führen. Und warum zieht es ihn nach Kaltenkirchen, nachdem vor zwei Jahren bei seiner Bürgermeisterkandidatur in Ahrensburg noch gesagt hatte, er möchte dort alt werden? Hat Anna Kuljurgis-Daumann keine Ahnung von Verwaltung, wie ihre Kritiker behaupten, oder eben doch, wie selbst sagt. Zuweilen wäre auch Widerspruch hilfreich gewesen. Zum Beispiel, als Kandidaten beim heißen Thema Bahnhofsumfeld behaupten durften, die Stadt könne das Gelände vom Investor zurückkaufen. Tatsächlich kann jedoch nur die AKN vom Vertrag zurücktreten.

Nur ein Hauch von Wahlkampfatmosphäre

Lieber sprach Radzanowski nebulös von einem "Knockout", als er Sünwoldts Rauswurf aus dem Rathaus erwähnte und so dem Kandidaten das Feld bereitete, von seinen "schönen Erfolgen" während seiner Amtszeit zu erzählen und ein neues "Wir-Gefühl" in der Stadt zu beschwören. Wahlkampf und Coaching haben inzwischen den Ex-Bürgermeister in einen überzeugenden Redner mit typischem Politikersprech und Gestik verwandelt. Keine Spur mehr vom Eigenbrötler, der austeilte oder sich verhaspelte, wenn es eng wurde.

Anna Kuljurgis-Daumann blieb es vorbehalten, für einen Hauch von Wahlkampfatmosphäre zu sorgen. Herzchen zierten die selbst gemalten Plakate mit Aufschriften wie "Innenstadtgestaltung", die sie entrollen wollte, aber nicht durfte. Keiner widersprach der Gastronomin, als sie ankündigte, mit ihr würden die Kaltenkirchener eine "authentische" Bürgermeisterin bekommen, die unabhängig sei und gegen den Klüngel angehen werde.

Selbstsicher und mit der Attitüde des erfahrenen und abgeklärten Verwaltungsexperten betrat Gerhard Blasberg die Elefantenrunde. Seine Botschaft lautete unausgesprochen: Hier steht der Profi. Zwei Amtszeiten wolle er in Kaltenkirchen bleiben, versprach der Glückstädter Bürgermeister und wies damit sämtliche Kritik zurück, er betreibe Bürgermeister-Hopping.

Auf drei Amtszeiten legte sich sogar Hanno Krause fest, sofern die Kaltenkirchener ihn wählen. Krause trat diesmal ohne die strenge Brille auf, betonte seine Kompetenz als Verwaltungsmann und stellte klar, warum er vom Abteilungsleiter zum Bürgermeister aufsteigen möchte: "Ich möchte den Gestaltungsspielraum vergrößern."

Elke Adomeit setzte erneut darauf, ihr Engagement und die Verwurzelung mit vielen Kaltenkirchener Projekten darzustellen. "Viele kennen mich", lauteten selbstbewusst ihre ersten Worte, als sie sich den Besuchern vorstellen sollte. "Eine von uns" steht auf ihren Plakaten. Als Politikerin habe sie nur Beschlüsse gefasst, sagte Adomeit. Als Bürgermeisterin wolle sie Entscheidungen umsetzen.

Für die Kandidaten stehen bis zur Wahl noch mehrere Termine auf dem Programm. Bis auf Elke Adomeit werden alle an den Sonnabenden mit Bürgern auf dem Wochenmarkt oder auf dem Rathausvorplatz sprechen. Adomeit beantwortet heute ab 20 Uhr im Witthüs Fragen. Blasberg lädt für den 3. November zu einer Sprechstunde ab 18 Uhr ein. Sünwoldt setzt seine Hausbesuche fort. Krause trifft sich am 3. November mit 100 Unternehmern und Wirtschaftsminister Jost de Jager bei Dodenhof.