Nordeuropas größtes Volksfest startet am Sonnabend. Erstmals findet es auch live im Internet statt: bei Facebook, YouTube und Twitter.
Kiel. Für die Kieler Woche beginnt ein neues Zeitalter. Das größte Sommerfest Nordeuropas, das vom 18. bis 26. Juni läuft, wird erstmals offiziell beim sozialen Netzwerk Facebook, bei YouTube und Twitter vermarktet und kann damit im Internet gefeiert werden. Auch auf dem Wasser dringt die Festwoche in eine neue Dimension vor: Einige Regatten der größten Segelveranstaltung der Welt werden aufwendig visualisiert und live ins weltweite Netz übertragen. "Wir sind auf dem Weg zur Kieler Woche 2.0, können allen Menschen aber nur empfehlen, selbst an die Förde zu kommen und den unvergleichlichen Spirit vor Ort persönlich zu erleben", sagte Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD).
Die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt, die mit 238.000 Einwohnern zu den kleineren Großstädten Deutschlands gehört, erwartet während der neun tollen Tage etwa drei Millionen Besucher, bei gutem Wetter sogar etwas mehr. Das Programm, das im Internet auf www.kieler-woche.de steht, ist mit 2000 Veranstaltungen so umfangreich wie in den Vorjahren und mit Angeboten aus Kultur und Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, Sport, Unterhaltung und Kleinkunst gewohnt bunt. Größte Neuheit ist ein Mitmach-Spektakel am Bootshafen in der Innenstadt. Dort können Besucher "wakeboard" fahren, sich also auf einem Brett übers Wasser ziehen lassen.
Bei den drei traditionellen Höhepunkten der Kieler Woche, die allein mehr als 100.000 Menschen anlocken, gibt es nur kleine Änderungen: Den Startschuss für die Festwoche gibt diesmal der schwedische Handballer Marcus Ahlm. Der Kapitän des THW Kiel wird am Sonnabend um 19.30 Uhr vor dem Rathaus die fünfte Jahreszeit mit drei Doppelschlägen und einem weiteren Schlag der Schiffsglocke einglasen. Das Kommando "Leinen los" gibt ein letztes Mal Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). Er räumt spätestens zur Landtagswahl im Mai 2012 seinen Stuhl, um den sich auch Oberbürgermeister Albig bewirbt.
Beim zweiten Höhepunkt, der Windjammerparade am zweiten Festsonnabend, ist die Spitzenposition bereits neu besetzt. Der Traditionssegler "Alexander von Humboldt" soll die Parade mit 100 Schiffen anführen, weil die Marine die "Gorch Fock" bis zur Klärung aller Vorwürfe nicht aus dem Kieler Tirpitzhafen lässt. Dort kann das Segelschulschiff jedoch beim "open ship" am ersten Festwochenende besichtigt werden. Viele "Gorch Fock"-Fans schütteln über diesen Kompromiss den Kopf, zumal der weiße Dreimaster im August an der "Hanse Sail" in Rostock teilnehmen darf.
Das dritte Highlight, das große Feuerwerk zum Festabschluss, ist eines der bestgehüteten Geheimnisse in Kiel. Bekannt ist nur, dass der "Sternenzauber" am Sonntag um 23 Uhr beginnt, die Raketen zu den Klängen von sieben Musikstücken (von der Olympia-Fanfare bis zu Bryan Adams) in den Fördehimmel steigen sollen und die HSH Nordbank nicht mehr Pate des Spektakels ist. Die Länderbank war in der Finanzkrise als Sponsor ausgestiegen, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass sie mehrere 10.000 Euro Steuermittel binnen 20 Minuten verfeuert.
Das Erfolgsrezept der Kieler Woche, die zum 117. Mal gefeiert wird, besteht darin, dass es neben den offiziellen Höhepunkten viele andere attraktive Angebote für fast alle Altersgruppen gibt. Kinder und ihre Eltern können auf der Spiellinie, Deutschlands größtem Abenteuerspielplatz, toben - und zwar unter dem Motto "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer". Viele Jugendliche zieht es an die Hörn, wo auf den Bühnen der Privatradios Stars und Sternchen auftreten. Ältere Semester kommen auf dem Ostseekai beim NDR oder beim Classic-Open-Air auf dem Rathausplatz auf ihre Kosten. Stadtweit sind 300 Rock- und Popkonzerte angesetzt, fast alle unter freiem Himmel und bei freiem Eintritt.
Abseits vom Trubel in der City wird im Norden Kiels vor Schilksee hart am Wind gesegelt. Fast 5000 Sportler aus 56 Ländern wollen mit 2000 Booten insgesamt 400 Starts in 45 Segelklassen absolvieren und sich dabei im Internet dank eines neuen Tracking-Systems über die Schulter gucken lassen. Der Trick: Die Boote erhalten GPS-Sender, die ihre Positionen viermal in der Sekunde an einen Rechner schicken, der aus den Daten 3-D-Filme erstellt und einige Regatten mithilfe zusätzlicher Livebilder fast hautnah auf den Bildschirm bringt. Aber auch hier gilt Albigs Motto: Eine PC-Regatta kann eine echte Begleitfahrt bei Wind und Wellen nicht wirklich ersetzen.