Der niedersächsische Ministerpräsident hatte sich so auf London und den britischen Premier gefreut. Das Treffen musste ausfallen.

Hannover/London. Der Höhepunkt der eintätgigen London-Dienstreise von David McAllister musste leider ausfallen: Als er in der Londoner Downing Street No. 10 ankam, war der britische Premierminster David Cameron nicht da und kam auch nicht mehr. Cameron musste sich im Parlament der Debatte um die auch von ihm initiierte Militäroperation in Libyen stellen. Statt den Mann zu treffen, den er einmal als sein politisches Vorbild bezeichnet hat, musste der Deutsch-Brite McAllister daher mit dessen Stabschef Ed Llewellyn vorlieb nehmen.

Es wäre ein schönes Bild geworden für den 40 Jahre alten Niedersachsen. Der jüngste deutsche CDU-Ministerpräsident mit dem nur etwas mehr als vier Jahre älteren obersten Konservativen der Insel, der seine Partei zurück an die Macht geführt hatte. Aber die Krönung der eintägigen London-Reise fiel aus. Für die zahlreichen mitgereisten Journalisten blieb der Trost, den Halbbriten McAllister einmal in seiner zweiten Heimat zu erleben: Beim Spaziergang durch das Londoner Regierungsviertel in Westminster hüpfte er so ausgelassen über eine vielbefahrene Straße, dass ihm sein Personenschützer kaum folgen konnte. Bei schönstem Sonnenschein ließ er sich bereitwillig vor den berühmten roten Telefonzellen ablichten, ein Porträt mit breitem Lachen vor „Big Ben“ war auch noch drin.

Außer diesem kleinen Spaziergang für die Kameras hatte sich McAllister allerdings einen straffen Zeitplan gesetzt: Besuch einer Brennpunktschule, Gespräche imVerteidigungsministerium, Besichtigung der Westminster Abbey, Mittagessen mit deutschen Wirtschaftsvertretern,Treffen mit Cameron, Gespräche mit Parlamentsabgeordneten, Empfang in der Botschaft. Am Dienstagmorgen muss er aber wieder in Berlin sein: Gesprächstermin mit Kanzlerin Angela Merkel zur Zukunft der Atomenergie.

Landespolitisch war der wichtigste Termin wohl ein Gespräch mit dem britischen Verteidigungsminister Liam Fox. Um den Haushalt zu entlasten, plant die britische Regierung in den kommenden zehn Jahren den Abzug aus Deutschland. Von 20.000 britischen Soldaten auf Bundesgebiet sind 13.000 in Niedersachsen stationiert. Sarkastisch hatte es vor Monaten bereits Schatzkanzler George Osborne auf den Punkt gebracht: Die britische Armee sei „extrem gut darauf vorbereitet, in der norddeutschen Tiefebene gegen die Russen zu kämpfen“.

Für Celle, Hameln, Bad Fallingbostel und Bergen wäre der Wegzug regionalwirtschaftlich ein schwerer Schlag. Auch wenn er wohl weiß, dass er die Briten nicht umstimmen kann – McAllister will den Wegzug verzögern und warb für den Erhalt eines Truppenübungsplatzes in Bergen. „Ich habe darauf hingewiesen, dass möglichst bald Entscheidungen getroffen werden sollten, damit die betroffenen Gemeinden Planungssicherheit haben“, sagte er nach seinem halbstündigen Gespräch in der Downing Street.

Ob sich das auszahlt, entscheidet sich später. Einen Erfolg kann McAllister aber schon mal verbuchen:Das britische Ministerium richtet einen politischen Ansprechpartner für die betroffenen Landesregierungen in Hannover und Düsseldorf ein. Und der Minister hat zugesagt, auch regionalwirtschaftliche und soziale Fragen bei der Schließung zu erwägen – was auch immer das am Ende heißt.

McAllister hatte am Montagmorgen außerdem eine Schule in einer sozial-schwachen Londoner Gegend besucht. Nach dem Besuch dieser Schule, in der – wie in Großbritannien üblich – , Kindergarten und Grundschule zusammen untergebracht sind, sagte der Ministerpräsident: „Ich könnte mir vorstellen, dass wir das in der nächsten Legislaturperiode mal modellhaft probieren.“ In der „Coburg Primary School & Nursery“ in einem sozialen Brennpunkt Londons werden Kinder von drei bis elf Jahren unterrichtet. Schon im Kindergarten lernen die Jungen und Mädchen beispielsweise das Alphabet. Für den Unterricht sind die Grundschullehrer verantwortlich. Je nach Entwicklungsstand wechseln die Kinder mit fünf oder sechs Jahren übergangslos in die erste Klasse. In Deutschland gebe es in Baden-Württemberg ein ähnliches Modellprojekt, sagte McAllister. Das beobachte er sehr genau. (dpa)