In der Nähe von Reetdächern sind Feuerwerke verboten, ganze Städte in Niedersachen untersagen das Schießen.

Göttingen/Lübeck. Zum Jahreswechsel werden die Deutschen Leuchtraketen und Knaller im Wert von rund 100 Millionen Euro in die Luft jagen. Böller-Fans dürfen jedoch nicht überall ihrer Lust frönen. Das Knallen ist bundesweit in der Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altenheimen sowie Fachwerk- und reetgedeckten Häusern nicht erlaubt. „Wenn man streng nach den Vorschriften der Sprengstoffverordnung geht, ist damit das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in Teilen der Lübecker Innenstadt praktisch verboten“, sagte Lübecks Stadtsprecher Marc Langentepe am Dienstag. Fraglich ist jedoch, ob eine Kontrolle des Verbots überhaupt möglich ist. „Wir können nicht vor jedes Reetdachhaus einen Polizisten stellen“, sagte Manfred Pöhls von der Polizei Husum.

Auch in immer mehr niedersächsischen Städten bleibt der Himmel in der Silvesternacht dunkel. Zum Schutz ihrer historischen Bausubstanz vor Bränden haben viele Kommunen ein striktes Verbot von Feuerwerk ausgesprochen. Die Einhaltung dieses Verbotes innerhalb der Stadtwälle und Mauern soll kontrolliert werden. Streifenwagenbesatzungen werden nach Polizeiangaben in der Silvesternacht jedoch häufig durch Böller attackiert. Deshalb appelliert die Polizei auch an die Eigenverantwortung der Bürger. Die meisten Städte begründen ihre Empfehlung – Tischfeuerwerk und Bleigießen statt Böller und Raketen – mit der neuen Verordnung zum Sprengstoffgesetz vom Oktober dieses Jahres. Innerhalb von Fachwerkstädten gilt dieses Verbot sogar ganzjährig.

Hameln habe nicht etwa Angst, „durch den Krach die Ratten aus den Löchern zu jagen“, sagte Stadtsprecher Thomas Wahmes. Bisher war das Abbrennen von Feuerwerk nur in der Nähe von Kinder- und Altenheimen oder Krankenhäusern aus Gründen des Lärmschutzes verboten. „Da wir das in der Altstadt nicht haben, konnte bisher geballert werden.“ Jetzt steht im Gesetz, dass Fachwerkstädte vor fehlgeleiteten Feuerwerkskörpern zu schützen seien. Deshalb konnte die Stadt das Verbot aussprechen.

Der Goslarer Oberbürgermeister Henning Binnewies (SPD)erklärte: „Der Schutz der zum Unesco-Weltkulturerbe zählenden Altstadt hat Vorrang vor dem privaten Interesse des Einzelnen.“ In der Silvesternacht keine pyrotechnischen Gegenstände abzubrennen, sei nur ein „geringfügig eingeschränktes Vergnügen“. In Goslar war vor vier Jahren ein Millionenschaden entstanden, nachdem Raketen drei Gebäude in Brand gesetzt hatten. In Osterode hatten Feiernde vor einem Jahr sogar noch die Feuerwehr während der Löscharbeiten in der Altstadt mit Knallkörpern beworfen.

Nachdem im April 2009 zu beobachten war, wie in kurzer Zeit ein in einer Garage ausgebrochenes Feuer sieben bis zu 200 Jahre alte Fachwerkhäuser in Northeim vernichtet hatte, wurde auch dort ein Verbot ausgesprochen. In Hann.Münden mit seinen mehr als 450 Fachwerkhäusern besteht seit mehreren Jahren ein Feuerwerksverbot. Ohne Böller und Raketen feiern seit einigen Jahren auch Bovenden bei Göttingen und Wolfenbüttel. In Göttingen ziehen die Bürger nach Angaben der Stadtverwaltung jedoch auch in diesem Jahr wie bisher mit ihren Sektflaschen und Böllern vor das über 700 Jahre alte Rathaus in der Altstadt, um lärmend zu feiern. In Hildesheim wird in der Stadt geknallt, im Landkreis bleibt es leise.

Ruhe herrscht auch im Nationalpark Harz in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Nicht nur auf dem Brocken, sondern auf allen anderen Flächen gibt es ein Feuerwerksverbot. „Schon für uns Menschen“, begründet dies Nationalparksprecher Friedhard Knolle, „ist Feuerwerk oft unerträglich laut. Die Knallerei ist eine akustische Folter für die freilebende Tierwelt.“(dpa)