Mehr als doppelt so viele Unfälle wie normal waren zu verzeichnen. Bis zum Donnerstag soll das Tauwetter aus dem Süden die Küste erreichen.

Hannover. Rutschpartien, Staus, Verspätungen und schulfrei - der Montag war im Norden vom Winter geprägt – von Süden zieht unterdessen Tauwetter heran. Das Durchkommen bleibt oft schwer: Nach den heftigen Schneefällen in der Nacht zum Montag ist es auf spiegelglatten Straßen in Niedersachsen vielerorts zu Glätteunfällen gekommen. Nach Polizeiangaben blieb es aber meist bei Blechschäden. Auf den Autobahnen blockierten querstehende Lastwagen den Verkehr. In Geduld mussten sich auch Bahnreisende üben. Die Meteorologen sagen unterdessen von Süden heraufziehendes Tauwetter voraus, das bis zum Donnerstag die Küste erreichen soll. Nicht für alle, aber für viele Kinder haben die Weihnachtsferien dennoch bereits begonnen: Insbesondere in ländlichen Gebieten fällt auch am Dienstag die Schule aus.

Viele Autofahrer sind nach Polizeiangaben nach wie vor mit Sommerreifen unterwegs. Andere schätzten die Witterung nicht richtig ein, fuhren zu schnell oder bremsten zu spät. „Es gab viele Rutscher - gezählt haben wir sie nicht“, sagte ein Polizist in Braunschweig. In Oldenburg und im Kreis Ammerland hat es 50 Mal gekracht: „Üblich sind sonst etwa 20 Unfälle an einem Tag“, sagte ein Polizist. Größere Probleme verursachten da schon die Unfälle mit Lastwagen. Auf mehreren Autobahnen liegen Lastwagen liegen. Staus bis zu 20 Kilometer Länge wurden etwa durch zwei liegengebliebene Lastwagen auf der A 1 zwischen Hamburg und Bremen in der Nacht verursacht. Polizisten mussten die auf der Strecke schlafenden Fahrer mit Klopfen wecken.

Ein landesweites Fahrverbot für Lkw bei extremen Wetterlagen forderte der Landesverband des Verkehrsclubs Deutschland am Montag in Hannover. Niedersachsen solle dem Beispiel Nordrhein-Westfalens folgen. Das sieht der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) ganz anders: „Die Autobahnen sind die Lebensadern zur Versorgung von Wirtschaft und Bevölkerung. Bund und Länder müssen endlich etwas tun, damit die Transporteure auch bei winterlichen Straßenverhältnissen diese Lebensadern optimal bedienen können“, sagte der Hauptgeschäftsführer des (GVN), Bernward Franzky, und forderte einen verstärkten Winterdienst auf den Autobahnen. Die Straßenmeistereien kämen ihrer Räumpflicht nicht ordnungsgemäß nach, kritisierte Franzky. Mit teils erheblichen Verspätungen hatten nach wie vor Bahnreisende zu kämpfen. Fernzüge waren oft mit einer Stunde Verspätung oder mehr unterwegs. Im Regionalverkehr mussten Pendler rund eine halbe Stunde Zeit mehr einplanen, teilte die Deutsche Bahn mit.

Am Flughafen Hannover war die Lage einem Sprecher zufolge „relativ entspannt“. Es gebe nur normale Verzögerungen aufgrund von Enteisungen oder wegen Verspätungen von eintreffenden Maschinen. Der Betrieb am Flughafen Münster/Osnabrück hatte sich am Montag ebenfalls wieder normalisiert. Während in vielen Landstrichen der Unterricht abgesagt wurde, gingen die Kinder im Harz am Montagmorgen selbst bei Schneehöhen von bis zu einem Meter in die Schule. „Wir wachsen damit auf und sind daran gewöhnt“, sagte ein Sprecher der Kreisverwaltung in Goslar. Nach dem harten Winter 2009/2010 hat sich der Salzlieferant esco ganz anders auf diesen Winter vorbereitet. „Wir haben unsere Lagerkapazität um 100 000 Tonnen erweitert und arbeiten seit dem Sommer im Dreischichtenbetrieb“, sagte Unternehmenssprecher Holger Bekemeier am Montag in Hannover. Das Nachfrage- und Liefervolumen sei in diesem Dezember dreimal größer als 2009. „Wir produzieren, was das Zeug hält“, sagte der Sprecher der Tochterfirma von K+S. esco ist nach eigenen Angaben Europas führender Salzlieferant. Jeden Tag werden mehrere 10 000 Tonnen Salz gefördert. Wenn einer Kommune kurzfristig das Salz ausgeht, könne esco aber nicht unbedingt spontan einspringen. „Unsere Vertragskunden haben Vorrang.“ Nach Bekemeiers Eindruck haben sich die Kommunen weit besser auf den Winter vorbereitet als vor einem Jahr. „Die Städte haben ihre Lagerkapazitäten zu 100 Prozent ausgelastet oder sogar neue geschaffen“, berichtet er. Die Landeshauptstadt Hannover zum Beispiel hat 4500 Tonnen Streusalz eingelagert, 1500 Tonnen mehr als in früheren Wintern. „Wir gehen mit Salz sparsam um, der Natur zuliebe“, sagte Franziska Saniter, Sprecherin der Abfallwirtschaft Region Hannover (aha). In Nebenstraßen werde kein Salz gestreut. Auch Privatleute dürften nur in Ausnahmefällen auf Treppen und Rampen Salz einsetzen, betonte die Sprecherin. Der Verkehr auf Niedersachsens Wasserstraßen fließt noch. „Es gibt aber durch bis zu 15 Zentimeter dickes Scholleneis leichte Behinderungen der Schifffahrt“, sagte die Sprecherin der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte, Iris Grasso, am Montag in Hannover.

Auf dem Elbe-Seitenkanal seien drei Eisbrecher, auf dem Mittellandkanal sechs Eisbrecher im Einsatz. Der frühe Wintereinbruch bringt unterdessen Gemeindeväter ins Schwitzen: Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) befürchtet einen deutlichen Anstieg der Kosten für den Winterdienst. Im vergangenen Jahr hatte das Räumen von Gemeindestraßen mehr als 300 Millionen Euro Zusatzkosten verursacht.