Mit dem 70-Seelen-Dorf Parum will sich eine ganze Gemeinde aus der Google-Street-View-Karte streichen lassen. Alle Einwohner unterschrieben.
Parum. Ganz Deutschland ist bei Google Street View. Ganz Deutschland? Nein. Ein kleines Dorf in Mecklenburg-Vorpommern will dem Internetriesen Google Widerstand leisten. Die 70-Seelen-Gemeinde Parum bei Güstrow hat sich zum Ziel gesetzt. für Google ein Dorf zu sein, das es gar nicht gibt und ist damit das Erste in Deutschland.
Initiator Wilhelm Meier ist 71 und pensionierter Lehrer. Jetzt hat er im Widerstand gegen Google eine neue Aufgabe gefunden. Mit dem "Parumer Einspruch" zog er durch das ganze Dorf, schaffte es, dass alle 28 Haushalte seine Erklärung unterschrieben. Google verfüge bereits jetzt über umfangreiche Kenntnisse aus dem Privatleben vieler Menschen, erklärte er. Er habe die Besorgnis, dass mit Street View noch weit mehr auf die Bürger zukommt.
Die Parumer schickten die Unterschriften zusammen mit einer Erklärung an den Bundesbeauftragten für Datenschutz. Meier schrieb nach Berichten der Schweriner Volkszeitung in dem Brief nach Bonn: "Um möglichst wenige Daten an die Firma Google auszuliefern, wäre vermutlich Ihr Wort genug, um ein Tabu über ganz Parum zu erklären, sogar, ohne dass die einzelnen Namen und Unterschriften dem Privatunternehmen auszuhändigen wären - was freilich notfalls auch in Frage kommt." Dann die Antwort des Beauftragten Peter Schaar: Man ist nicht zuständig. Vielmehr hätte jeder Parumer die Pflicht, sich selbst bei Google zu melden und sein Haus verpixeln zu lassen. Warum sich das Dorf nicht vor dem Start des Street-View-Dienstes und innerhalb der Fristen bei dem Internetriesen löschen ließ, ist nicht klar.
Google-Sprecherin Lena Wagner erklärte, der Konzern reagiere auf die Parumer Aktion sehr ruhig, die Aufregung sei nicht gerechtfertigt: Es stelle sich derzeit gar nicht die Frage, ob Parum im Netz erscheint. „Das liegt in weiter Ferne“. Außerdem betonte sie:. „Man muss das in Relation sehen. Die Unterschriften von 70 Leuten zusammenzubekommen ist eine andere Geschichte, als Unterschriften von Zehntausenden zu bekommen.“ Dass sich ein komplettes Dorf gegen Street View zur Wehr setze, das habe aber Symbolcharakter, gestand sie ein. Jedem Eigentümer ist es auch jetzt noch möglich, sein Haus verpixeln zu lassen, gegen Fotos von öffentlichen Straßen werden allerdings wohl selbst die Parumer machtlos sein. Wagner betonte, es gebe keinen prinzipiellen Ausschluss von kleinen Gemeinden.
Genau das fordert jedoch der Datenschutzbeauftragte von Mecklenburg- Vorpommern, Karsten Neumann. So gebe es bei Google Earth große Flächen, meist mit militärischer Nutzung, die auf dem Bildschirm grau erscheinen. „Das, was für das Militär gut ist, soll für die Privaten nur billig sein.“ Diese könnten sich auf den Schutz ihrer Privatsphäre als übergeordnetes Interesse berufen. Neumann begrüßte es, dass sich Bürger mit dem Thema auseinandersetzen, denn Street View sei nur die Spitze des Eisberges.
Google hatte Mitte Oktober mitgeteilt, dass gut 244000 Haushalte Widerspruch gegen die Veröffentlichung ihrer Häuserfronten eingelegt hatten. Das sind knapp drei Prozent der Betroffenen in den bereits für den Dienst erfassten 20 größten deutschen Städten. Google garantiert allen Bürgern ein Widerspruchsrecht.