Die mehr als 244.000 Anträge, Häuser bei Google unkenntlich zu machen, sorgen für viele verschwommene Flecken in der Ansicht.

Hamburg. Gestritten wurde monatelang - jetzt ist in Hamburg und 19 weiteren deutschen Städten der Straßenbilder-Dienst Google Street View online gegangen. Die mehr als 244.000 Anträge, Häuser unkenntlich zu machen, sorgen für zahlreiche verschwommene Flecken im Straßen-Panorama. In der Nacht zu Donnerstag schaltete der Internet-Konzern die Ansichten für zahlreiche Straßen in großen Städten wie Hamburg, Berlin, Frankfurt oder München frei.

Europachef Philipp Schindler betonte während der Vorstellung des Dienstes in Hamburg, Google habe in Deutschland so viele Zugeständnisse an Datenschützer und Politiker gemacht wie in keinem anderen Land. Deutsche Straßen sehen als Folge anders aus als die Street-View-Bilder im Rest der Welt: Man stößt relativ schnell auf verschwommen dargestellte Gebäude. Vorab hatten allein in den 20 Städten mehr als 244.000 Haushalte beantragt, ihre Wohnhäuser auf den Straßen- Aufnahmen unkenntlich zu machen. Google betont, dies seien lediglich knapp drei Prozent der betroffenen Haushalte – relativ wenig nach der großen Aufregung und Umfragen, in denen zum Teil die Hälfte der Bürger sich gegen den Dienst ausgesprochen hatte.

Anders als in anderen Ländern war Street View in Deutschland auf heftigen Widerstand von Politikern und Datenschützern gestoßen. Unter anderem Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) kritisierte den Dienst scharf als Eingriff in die Privatsphäre. Obwohl Google einen Großteil der Straßen schon lange mit seinen Kamerawagen fotografiert hatte, ließ der Start auf sich warten. Allein um die Anfragen auf „Verwischen“ der Hausansichten abzuarbeiten, heuerte Google 200 zusätzliche Mitarbeiter an.

Wie beim Probestart in der Gemeinde Oberstaufen im Allgäu vor zwei Wochen kommt es allerdings auch bei der breiten Einführung immer wieder vor, dass eigentlich gelöschte Gebäude aus bestimmten Blickwinkeln zu erkennen sind. Der Google-Datenschutzbeauftragte Peter Fleischer betonte, der Prozess der Verpixelung sei trotz aller Anstrengungen nicht perfekt. Betroffene könnten aber über einen Link im Street-View-Bild ein Problem melden.

Wenn auch nur ein Mieter eines Mehrfamilienhauses dies verlangt, wird das ganze Gebäude unscharf dargestellt. Datenschützer sprechen von bundesweit mehr als einer Million Haushalten, wenn der bisherige Anteil der Widersprüche auf das ganze Land hochgerechnet werde. Ist ein Haus einmal gelöscht, kommt es nicht mehr wieder: Google verwischt gemäß der Absprachen mit Datenschützern die Originalbilder.

Schindler bekräftigte, der große Aufwand sei es Google wert: „Wir wissen, dass Street View ein extrem nützliches Produkt ist.“ Google präsentierte zum Start mehrere große Partner wie die Lufthansa, das Immobilienportal Immobilienscout 24 und den Hotel-Reservierungsdienst HRS.

Die ältesten deutschen Street-View-Bilder seien rund zwei Jahre als, die jüngsten seien im Frühjahr dieses Jahres aufgenommen worden, sagte Fleischer. Manche Straßenzüge ließ Google vorerst gänzlich schwarz. Laut Fleischer handelt es sich um Fälle, in denen sich ein zu löschendes Haus nicht eindeutig identifizieren ließ.

Google betont, dass Widersprüche gegen Street View jederzeit auch nach dem Start des Dienstes möglich sind. Gesichter und Autokennzeichen werden automatisch unkenntlich gemacht. Datenschutzängste seien unbegründet, sagte Fleischer.

Die 20 Städte sind Berlin, Bielefeld, Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart und Wuppertal.

Street View ist in Googles Kartendienst Maps integriert. Um zu der Straßenansicht zu kommen, muss man mit dem Mauszeiger ein gelbes Männchen vom linken Seitenrand auf die Karte ziehen.

Für zusätzliches Misstrauen gegenüber Google hatte in diesem Jahr gesorgt, dass die Kamerawagen bei ihren Fahrten auch Daten aus unverschlüsselten WLAN-Netzen mitgeschnitten haben. Google zufolge war es ein Software-Fehler, der über Jahre nicht entdeckt worden war. Die Daten seien nie ausgewertet worden. Nach Erkenntnissen aus anderen Ländern wurden zum Teil auch ganze E-Mails sowie Internet- Adressen und Passwörter gespeichert. In Deutschland laufen dazu noch Untersuchungen von Datenschutz-Behörden und Staatsanwaltschaft.