Die Gemeinde Krummhörn in Ostfriesland ist über das Messergebnis “mangelhaft“ für Upleward erbost und prüft jetzt rechtliche Schritte gegen den ADAC.
Hamburg/Krummhörn. Ein ADAC-Test zur Wasserqualität deutscher Badestrände ist der ostfriesischen Gemeinde Krummhörn sauer aufgestoßen. Im Test hatte eine Badezone am Strand von Upleward die Note „Mangelhaft“ bekommen. Dem ADAC lagen nach eigenen Angaben keine neuen Messungen vor, er hatte sich auf Daten aus dem Jahr 2009 berufen. Gemeindesprecher Frank Baumann bezeichnete am Mittwoch die erneute Veröffentlichung der alten Zahlen als nicht nachvollziehbar. „Das Landesgesundheitsamt überprüft uns regelmäßig, bisher waren alle Ergebnisse einwandfrei.“ Die ADAC-Aussage seien schädlich für die Gemeinde, sagte Baumann. Diese werde rechtliche Schritte prüfen.
2009 hatten ADAC-Tester eine hohe Konzentration von Bakterien in Upleward nachgewiesen. Die Werte für Kolibakterien seien mit über 4564 MPN (“most probable number“: geschätzte Anzahl an Bakterien pro 100 Milliliter) bei zulässigen 1800 MPN gefährlich hoch, warnte der Automobilclub. Die sogenannten Enterokokken hätten mit einem Wert von 2618 den Grenzwert (700) sogar fast um das vierfache überschritten. Die Messwerte seien so drastisch, dass besonders Kinder und ältere Menschen gefährdet seien, etwa an Magen-Darm-Infekten zu erkranken.
In diesem Jahr prüften die Tester lediglich, ob an den Messpunkten Schwachpunkte wie Abwasser-Einleitungen verbessert wurden, sagte Katharina Bauer vom ADAC in München. „Theoretisch kann sich in Upleward die Lage verbessert haben, praktisch aber nicht. Dort hat sich nichts verändert.“
“Dieser Schluss ist an den Haaren herbeigezogen“, findet dagegen Gemeindesprecher Baumann. Das Landesgesundheitsamt habe 2010 keine bedenklichen Ergebnisse festgestellt. „Die Werte liegen nicht über dem Grenzbereich und sind bakteriologisch einwandfrei.“ Die in 2009 auffällige Stelle liege zudem an einem Wellenbrecher abseits des Badebereichs. „Das ändert sich dort ständig mit Ebbe und Flut.“ Die Gemeinde lasse den Bereich weiterhin prüfen und habe dazu auch ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben.
Die Gemeinde befürchte jetzt einen Imageschaden, es hätten schon besorgte Vermieter von Ferienwohnungen und Hoteliers angerufen, sagte Baumann. Die Gemeinde werde die neue Lage beraten und auch eine Klage gegen den ADAC prüfen.
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ADAC warnt vor Gefahren an Badestränden
Der ADAC fordert nach einem Test der Wasserqualität an deutschen Badestränden ein Badeverbot an manchen Stellen. "Sinnvoll wäre es, entsprechende Schilder aufzustellen und auf die Einhaltung der Verbote zu achten", sagte Robert Sauter vom Automobilklub. Er forderte weiterhin die Gemeinden auf, Strände besser zu säubern und das Schwemmgut zu entfernen.
Ein Viertel der getesteten Strände an Nord- und Ostsee sei im Test mit den Noten "bedenklich" oder "mangelhaft" durchgefallen. Mit der Untersuchung stellt sich der Klub gegen den kürzlich veröffentlichten EU-Badegewässerbericht, der von einem "sauberen Badespaß" an deutschen Küsten spricht. Der Verdacht des ADAC: Die EU-Messstellen stimmen nicht immer mit den tatsächlichen Badebereichen überein. Der Badegewässerbericht der EU hatte nahezu allen deutschen Ost- und Nordseestränden bescheinigt, sie seien so sauber wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Ungetrübte Badefreuden an Nord- und Ostsee oder nicht? Die Wassertester des Automobilklubs haben die Strände selbst unter die Lupe genommen - mit einer durchwachsenen Bilanz: Das Wasser an einzelnen Spiel- und Badebereichen von 22 Stränden ist vielfach mit Keimen belastet.
"Besorgniserregend" nannte Thomas Burkhardt, ADAC-Vizepräsident für Technik, das Resultat bei der Vorstellung der Ergebnisse. In fast einem Viertel der Fälle wurden die Grenzwerte teils mehrfach und oft auch sehr hoch überschritten. Fäkalbakterien trübten an 17 Stellen den Badespaß. Die ADAC-Experten hatten 72 Messstellen eingerichtet und dabei besonders Problembereiche ins Visier genommen.
"Aber wir haben unsere Wissenschaftler nicht neben eine Pfütze gesetzt, um zu warten, bis eine Möwe kommt und sich dort erleichtert", sagte Robert Sauter.
Immerhin 38 Stellen der vom ADAC gemeinsam mit dem Hydra-Institut untersuchten Stellen bekamen jetzt ebenfalls die Noten "sehr gut" und "gut". "Mangelhaft" lautete das Urteil an vier Stellen, "bedenklich" an 13. Zu den Siegern gehörten Strände in Graal-Müritz (Ostsee), auf Norderney sowie in Westerland an der Nordsee, zu den Verlierern Messstellen in Kühlungsborn und Laboe an der Ostsee und Krummhörn in Ostfriesland (weitere Ergebnisse siehe Karte oben). Untersucht wurden die Proben auf gesundheitsgefährdende Keime, die zum Beispiel Magen- Darm-Krankheiten oder Hautausschläge zur Folge haben können.
Fazit der Tester: "An sehr vielen Badestränden gibt es punktuell hygienisch belastete Bereiche. Sie fallen oft schon durch Schmutz oder unangenehmen Geruch auf und lassen sich leicht ausfindig machen." Die Tester richteten jeweils mehrere Messstellen ein, in die Wertung kamen aber meistens nur diejenigen, wo auch gebadet wird - also nicht etwa zwischen den Steinen einer Buhne. Die ADAC-Wertungen könnten nicht auf die Wasserqualität des gesamten Strandes, Ortes oder Küstenabschnitts übertragen werden, hieß es.
Der ADAC hat die Gemeinden, in denen Grenzwerte überschritten wurden, auf das Problem aufmerksam gemacht. "Aber es wurden weder Warnhinweise aufgestellt, noch wurden die Probleme anderweitig beseitigt", berichtete ADAC-Vizepräsident Burkhardt. "Wenn wir unsere Aufgabe als Verbraucherschützer ernst nehmen, müssen wir weiterhin Druck machen." Unterdessen reagierte das Ostseebad Kühlungsborn auf den Test und kündigte Maßnahmen an, um den festgestellten Verschmutzungen zu begegnen.