Ein Traktorzug ist auf dem Weg zur Menschenkette, die Sonnabend zwischen den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel entstehen soll.

Hamburg/Gorleben. Mit 50 Traktoren und Fahrzeugen ist am Mittwochnachmittag ein Anti-Atom-Treck von Gorleben aus nach Krümmel in Schleswig-Holstein gestartet. Die Kundgebung mit rund 100 Atomkraftgegnern beim Erkundungsbergwerk sei friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch. Der Protestzug mit Treckern, Wohnmobilen, Zirkuswagen und Radfahrern ist unterwegs zur Aktions- und Menschenkette zwischen Krümmel und Brunsbüttel, zu der Atomgegner für Samstag aufgerufen haben.

Mit zehn Stundenkilometern bewegte sich der Treck am Mittwoch zunächst zum Verladekran für Castorbehälter nach Dannenberg. Dort wollte der Bürgermeister einen Wegweiser nach Gorleben, Krümmel, Tschernobyl und zum maroden Atommülllager Asse aufstellen. Am Freitagnachmittag wird es auf dem Weg nach Krümmel auch in Lüneburg eine Kundgebung geben. Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge und Landrat Manfred Nahrstedt (beide SPD) riefen unterdessen zur Teilnahme an der Menschenkette auf. Die Politiker wollen nicht, dass das benachbarte pannengeplagte Atomkraftwerk wieder ans Netz geht.

Der Treck werde bis Sonnabend noch stark anwachsen, sagte Kerstin Rudek von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Viele Landwirte seien zurzeit noch auf ihren Feldern beim Aussäen. Mit einem „schnellen Treck“ wollen sich die Bauern am Samstag anschließen. Christoph Schäfer von der Bäuerlichen Notgemeinschaft erinnerte beim Start in Gorleben an ein alte Tradition: Wie im Wendland auch bei Beerdigungen und bei Bränden üblich, sei auch bei dem Treck gegen die Atompolitik aus jeder Familie jemand dabei.

Unterdessen sind die Organisatoren der geplanten 120 Kilometer langen Anti-Atom-Menschenkette zuversichtlich, die Reihen zwischen den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel tatsächlich zu schließen. Bereits jetzt hätten rund 13.000 Menschen ihr Kommen zu der Aktion an diesem Sonnabend in Schleswig-Holstein und Hamburg zugesagt. „Von denen wissen wir, dass sie kommen“, sagte der Sprecher des Trägerkreises, Jochen Stay, am Mittwoch in Hamburg. Nach Angaben der Organisatoren sind bereits rund 200 Busse und drei Sonderzüge weitgehend ausgebucht. Um wie geplant mindestens alle fünf Meter einen Demonstranten postieren zu können, wären rund 11.000 weitere Menschen notwendig. Die Polizei rechnet nach eigenen Angaben mit einer friedlichen Veranstaltung, warnte aber vor erheblichen Verkehrsbehinderungen entlang der Demonstrationsroute.

Die Atomkraftgegner wollen sich mit der Menschenkette zwei Tage vor dem 24. Jahrestag der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl aktiv in die Umweltpolitik einmischen. Derzeit würden im Bund wichtige Entscheidungen etwa über längere Laufzeiten bei Atomkraftwerken nur hinter verschlossenen Türen vorbereitet, sagte Initiativensprecher Thorben Becker. Der Energiereferent des BUND betonte, gleichzeitig wachse jedoch der Widerstand gegen die Atomkraft immer mehr. „Genau deshalb denken wir, ist es jetzt an der Zeit sich einzumischen, nicht zuzulassen, dass die Entscheidungen im stillen Kämmerlein vorbereitet werden.“ Weitere Aktionen in Nordrhein-Westfalen

Bei der „Ketten(re)Aktion“ der Atomkraftgegner sollen die beiden seit Jahren zwangsweise stillstehenden Pannenreaktoren in Krümmel und Brunsbüttel durch eine Menschenkette verbunden werden, die auch über Hamburg laufen soll. Dort baut der schwedische Energiekonzern Vattenfall, der für beide schleswig-holsteinischen Atomkraftwerke zuständig ist, derzeit eines der größten Kohlekraftwerke Europas. Parallel zu der Menschenkette sind zudem die „Umzingelung“ des Atomkraftwerks im hessischen Biblis und eine Demonstration am Atommüllzwischenlager in Ahaus in Nordrhein-Westfalen geplant.

Entlang der Strecke zwischen Krümmel und Brunsbüttel sind zahlreiche Aktionen geplant. So treten unter anderem der Sänger Jan Delay in Brunsbüttel und die Band Microphone Mafia in Hamburg- Billstedt auf. Unterstützt werden die Initiatoren von Umweltverbänden, kirchlichen Gruppierungen, den Gewerkschaften, Künstlern und etlichen Parteien. So haben sich unter anderem der SPD- Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel in Elmshorn, Grünen-Chef Cem Özdemir in Hamburg und der designierte Linken-Bundesvorsitzende Klaus Ernst in Brokdorf angekündigt. Außerdem will die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Katrin Göring-Eckhardt, in Brunsbüttel auftreten. Gleichmäßige Verteilung als Herausforderung

„Wir sind zuversichtlich, dass wir das Ziel, viele zehntausende zu dieser Aktion zu bewegen, auch erreichen können“, sagte Becker. Sein Sprecher-Kollege Stay von der Initiative „.ausgestrahlt“ erklärte, eine große Herausforderung sei, die Menschen gleichmäßig an der Strecke zu verteilen. „Wir sind ja keine militärische Organisation, können nicht Truppen verschieben.“ Deshalb könne es durchaus sein, dass die Menschenkette an der einen oder anderen Stelle unterbrochen sein wird, obwohl weit mehr Menschen auf der Straße sind.

www.anti-atom-kette.de

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