Sparkassen-Überfälle: Unter großen Sicherheitsvorkehrungen hat in Stralsund der Prozess gegen ein Räuberduo begonnen.

Stralsund. Leibesvisitationen und Taschenkontrollen für Prozessbeobachter, Fußfesseln für die zwei angeklagten mutmaßlichen Räuber: Unter aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen hat am Stralsunder Landgericht der Prozess gegen ein einschlägig vorbestraftes Gangsterduo aus Vorpommern begonnen, das in Schleswig- Holstein, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern Sparkassen überfallen haben soll. An neun Verhandlungstagen will das Gericht 62 Zeugen hören.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 55-Jährigen aus Heringsdorf und einem 31-jährigen Stralsunder gemeinschaftlichen schweren Raub sowie einen Raubversuch vor. Sie sollen – teilweise mit anderen Mittätern - Filialen in Todenbüttel (Kreis Rendsburg-Eckernförde), Schmiedefeld (Thüringen), und in Göhren auf Rügen überfallen haben. Die Beutesumme wird mit 390 000 Euro angegeben. Der Großteil dieses seit Februar 2008 erbeuteten Geldes gilt bis heute als verschwunden.

Bei ihren Überfällen gingen die Männer nach Darstellung der Staatsanwaltschaft mit äußerster Gewalt vor, Bankangestellte und Kunden bedrohten sie mit Schusswaffen. Wegen Fluchtgefahr und einer möglichen Gefangenenbefreiung steht das Verfahren in Stralsund unter verstärktem Polizeischutz. Noch immer sind nicht alle mutmaßlichen Mittäter gefasst. Erst Anfang April hatte ein Sondereinsatzkommando einen mutmaßlichen Komplizen – inzwischen Mitglied der Motorradrocker „Red Devils“ – in Hanerau-Hademarschen (Kreis Rendsburg-Eckernförde) geschnappt. Der 40-Jährige soll am Überfall in Todenbüttel beteiligt gewesen sein.

Zu Beginn des Prozesses einigten sich Gericht und die Verteidigung des 31-jährigen Stralsunders auf einen sogenannten Deal: Dem Mann wurde eine Höchststrafe von sechs Jahren Haft zugesichert, sollte er ein umfassendes und glaubhaftes Geständnis ablegen. Zudem will das Gericht in diesem Falle auch auf die bei ihm sichergestellten Vermögenswerte verzichten, kündigte die Richterin an.

Während der 55-jährige mutmaßliche Haupttäter schwieg, berichtete der Jüngere von den Raubzügen – allerdings zunächst mit Erinnerungslücken. Kennengelernt hätten sich beide in der Haftanstalt Ueckermünde, wo sie wegen früherer Überfälle und Einbrüche einsaßen. Kurz vor dem Überfall im Februar 2008 in Schmiedefeld nahmen die inzwischen aus der Haft Entlassenen Kontakt auf. Wie der 31-Jährige erklärte, habe er am Tattag einige Kilometer von dem Einbruchsort entfernt Posten bezogen, angeblich ohne zu wissen, was der 55-Jährige plane. Seine Aufgabe sei es gewesen, über Handy mitzuteilen, ob Polizei anrückt. Nach mehreren Stunden in der Kälte sei er abgezogen worden. Tage später habe er 4000 oder 5000 Euro von dem 55-Jährigen erhalten. Von dem Überfall selbst hat er eigenen Angaben zufolge erst aus der Zeitung erfahren. In Thüringen wurden laut der Staatsanwaltschaft rund 183 000 Euro erbeutet.

Danach seien sie gemeinsam mit einem Dritten auf verschiedene Touren durch Deutschland gegangen, um Banken, deren Öffnungszeiten und Fluchtwege auszuspionieren. Am 10. Juni 2009 überfielen sie dann in Todenbüttel eine Sparkasse und flüchteten mit 34 000 Euro. Anderthalb Monate später geriet die Sparkassenfiliale im Seebad Göhren in das Visier der Täter, die 172 000 Euro erbeuteten.