Nicht jede Einzelheit sei optimal gewesen. Aber: „Wenn eine Bischöfin so reden würde wie ein Verteidigungsminister, wäre sie fehl am Platze.“

Hannover/München. In der Debatte um den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr erhält die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, Unterstützung für ihre Haltung. Bayerns früherer Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) nahm die hannoversche Landesbischöfin ausdrücklich in Schutz. Es gehe ihm nicht darum, ob jede Einzelheit optimal gewesen sei, so Beckstein. „Wenn eine Bischöfin so reden würde wie ein Verteidigungsminister, wäre sie fehl am Platze.“ Umgekehrt könne ein Verteidigungsminister nicht so handeln wie ein Bischof.

Käßmann selbst verteidigte erneut ihre Aussagen. „Als Bischöfin habe ich Stellung zu beziehen“, sagte sie dem Hamburger Magazin „Stern“. Die heftigen Reaktionen auf ihre Neujahrspredigt hätten sie dennoch überrascht: „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass meine Predigt in Dresden solche Reaktionen auslöst.“

Der Streit über die Käßmann-Äußerungen beschäftigte am Mittwoch in Hannover auch den niedersächsischen Landtag. Die Opposition erhob heftige Vorwürfe gegen Innenminister Uwe Schünemann (CDU), der die EKD-Ratsvorsitzende scharf kritisiert hatte. Die SPD-Fraktion nannte Schünemanns Beiträge „anmaßend und nicht hinnehmbar“. Die Grünen erklärten, der Minister solle „diskutieren und nicht diskreditieren“.

Die EKD-Ratsvorsitzende hatte den Bundeswehr-Einsatz zum Jahreswechsel mehrfach kritisiert und einen Plan für den Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan gefordert. Schünemann nannte das in einem Beitrag für die „Bild“-Zeitung „weltfremd“. Die Bischöfin blende wichtige politische Zusammenhänge aus. Für die SPD sagte der Abgeordnete Dieter Möhrmann: „Wir finden es unerträglich, wie Herr Schünemann mit der Ratsvorsitzenden öffentlich umgeht.“ Wer, „wenn nicht die Kirche, wäre berufen, in dieser Frage mahnende Wort zu sprechen?“

Schünemann selbst bekräftigte vor dem Parlament seine Position zum Afghanistan-Einsatz. Ziviler Aufbau sei nur unter militärischem Schutz möglich. „Es ist gut, dass gerade die Kirche eine intensive Debatte hierüber angestoßen hat“, sagte Schünemann, ohne sich direkt auf Käßmann zu beziehen.

In dem „Stern“-Interview wehrte sich Käßmann gegen den Vorwurf der Naivität: „Wenn ich so blauäugig bin, wie mir unterstellt wird, dann könnten die Kritiker mich ja ignorieren. Also, mich erstaunt schon diese Heftigkeit.“ Fantasie für den Frieden sei nicht naiv. Es sei ganz klar die Aufgabe der Kirche, zum Frieden zu rufen. „Als Christen können wir nicht vom gerechten Krieg sprechen“, betonte die Theologin.

Sie vermute, die Reaktionen erklärten sich auch durch das Fehlen einer klaren Strategie für Frieden in Afghanistan. Die Verantwortlichen wüssten, dass „die große Mehrheit der Bevölkerung den Einsatz dort ablehnt.“ Auch viele Soldaten fragten, „was ist die Strategie? Warum sind wir hier?“

Der CSU-Politiker Beckstein mahnte mehr Rechtssicherheit für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan an. Vor dem Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing sagte der Vizepräses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Dienstagabend in Bayreuth: „Wir können nicht unsere Soldaten nach Afghanistan schicken, damit sie dort ihre Haut zu Markte tragen, und ihnen klare Rechtsregeln verweigern.“