Verbale Attacken finden auf beiden Seiten statt, denn auch die CDU ist nicht zimperlich im Umgang mit dem Gegner: Der SPD-Chef sei ein “Kotzbrocken“.
Kiel. Der Wahlkampf in Schleswig-Holstein wird schmuddelig. Die CDU warf SPD-Chef Ralf Stegner vor, er habe Ministerpräsident Peter Harry Carstensen als "dickes rundes Nichts" und "feigen Sack" beschimpft. Stegner dementierte nicht. Sein Sprecher teilte aber mit, dass es Stegner um politische Inhalte gehe und Diffamierungen nicht sein Stil seien.
Die CDU, die eine Entschuldigung Stegners forderte, kennt die "verbalen Entgleisungen" des SPD-Chefs nur aus zweiter Hand. Beide Zitate finden sich in überregionalen Zeitungen. Demnach beschwerte Stegner sich auf seiner Wahlkampftour bei einem Mitarbeiter darüber, dass Carstensen ein Streitgespräch mit ihm abgesagt habe. In diesem Zusammenhang soll er den CDU-Chef als "feigen Sack" bezeichnet haben.
Die andere Schmähkritik wird Stegner ohne zeitlichen Bezug in den Mund gelegt. Bekannt ist, dass Carstensen vor Monaten in der SPD als "rundes Nichts" verspottet wurde. Anlass war eine der vielen Auseinandersetzungen in der damaligen Großen Koalition. In dem Rosenkrieg war auch die CDU nicht zimperlich. Stegner wurde damals öffentlich als "Kotzbrocken" hingestellt und intern als "Arschloch mit Fliege" bezeichnet.
Mit Blick auf diese Vorgeschichte wird in der SPD vermutet, dass die CDU mit ihrer Attacke ein anderes Ziel verfolgt. Carstensen suche, so eine Spekulation, möglicherweise nach einem Grund, um das für Mittwoch angesetzte große Fernsehduell mit Stegner absagen zu können. "Das ist völliger Schwachsinn", sagte CDU-Landesgeschäftsführer Daniel Günther. Carstensen werde die Gelegenheit nutzen, um seine Ziele sachlich darzustellen.
Dafür, dass die Nerven bei CDU und SPD blank liegen, sorgen auch immer neue Wahlumfragen. Sie sagen bis zum 27. September ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus, weil Stegner und die SPD langsam aus dem Keller kommen.
Nach der jüngsten Umfrage, die das ZDF-Politbarometer am Freitag veröffentlichte, erzielt die SPD mit 27 Prozent ihr bestes Ergebnis seit Monaten und kommt zusammen mit Grünen, SSW und Linkspartei auf 50 Prozent. CDU und FDP landen bei nur 46 Prozent und damit in einem Bereich, in dem sie auch um eine Mehrheit der Mandate fürchten müssen.
Stegner legte am Freitag nach. In einem Kieler Restaurant stellte er sein 16-köpfiges Zukunftsteam vor, mit dem er Schleswig-Holstein regieren will. Zu den bekannteren Köpfen gehören die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Britta Ernst (Schulministerin) und die drei Kieler Ex-Minister Gitta Trauernicht, Uwe Döring und Lothar Hay. Für den Bereich Justiz wurde die Hamburger Juristin Anke Pörksen nominiert. Den Sprung ins Team schafften auch zwei SPD-Politiker, die als Stegner-Kritiker gelten: Der Bundestagsabgeordnete Jörn Thießen (für die Landesvertretung in Berlin) und SPD-Fraktions-Vize Jürgen Weber (für Hochschulen). In der SPD wurde dies als geschickter Schachzug Stegners bewertet. Sollte Stegner die Wahl verlieren, fiele seinen Kritikern eine Palastrevolte schwer. Dann gelte die Devise "mitgefangen, mitgehangen".
Der SPD-Chef stellte zugleich sein Programm für die ersten 100 Tage nach der Wahl vor. Im Fall eines Sieges will die SPD einen Gesetzentwurf für kostenlose Kitas vorlegen. Über eine Bundesratsinitiative soll das Atomrecht so verschärft werden, dass der Reaktor Brunsbüttel so schnell wie möglich und Krümmel sofort stillgelegt werden kann.