Die Insulaner protestieren gegen das Projekt. Scandlines will mit Fähren gegen die Verbindung konkurrieren.

Fehmarn. "Es ist ein schwarzer Tag für uns", sagt Bernd Friedrichs, Betriebsratsvorsitzender der Reederei Scandlines Deutschland. Während die Fähren ins dänische Rødby im 30-Minuten-Takt den Fährhafen Puttgarden verlassen, klingelt immer wieder das Handy des 58-Jährigen. Er lässt sich darüber unterrichten, wie es der Delegation des Aktionsbündnisses in Kopenhagen bei ihrer Protestaktion gegen die Fehmarnbelt-Brücke ergeht. Verhindern können sie die Unterschrift unter den Staatsvertrag nicht.

Auch Friedrichs ist im Aktionsbündnis. Ihn treibt die unsichere Zukunft seiner Kollegen um: "Hier arbeiten 700 Leute", sagt Friedrichs. "Wenn der Parlamentsbeschluss für die Brücke steht, werden als Erstes die Jungen weggehen."

Raphael Ackermann ist einer der jungen Mitarbeiter, deren berufliche Zukunft unklar ist. Der 32-Jährige ist Sachbearbeiter im Rechnungswesen. "Ich würde sehr ungern weggehen", sagt der Vater von zwei Kindern (9 und 14 Jahre), "aber ich sehe kaum Chancen auf Fehmarn."

Michael Kudszus arbeitet schon seit 33 Jahren am Fährhafen. "Wenn die Brücke stehen sollte, bin ich in Rente", sagt der Einweiser, "aber für die jüngeren Kollegen hoffe ich, dass sich die Brückengegner durchsetzen." Mit der Brücke, die er für fatal für das Ökosystem der Ostsee hält, geht seiner Ansicht nach auch ein Stück Urlaubsvergnügen verloren: "Die Gäste empfinden die Überfahrt auf der Fähre als kleine Pause, als Teil der Reise."

War vor einem Jahr noch davon die Rede, dass nach der Eröffnung der Brücke die Fährverbindung komplett eingestellt wird, gibt es nun möglicherweise Hoffnung: "Der Vorstand hat gesagt, dass er nach heutigem Stand beabsichtigt, den Fährbetrieb mit zwei Schiffen aufrechtzuerhalten", sagt Betriebsratschef Friedrichs. Derzeit sind vier Fähren im Einsatz. Man werde in den Wettbewerb mit der Brücke treten. "Die Dänen wollen keinen Wettbewerb, aber wir wollen ihn." Problem: Der dänische Hafen ist in kommunaler Hand.

Nach Angaben von Scandlines-Sprecher Frank Havemann hat die Fährverbindung Puttgarden-Rødby nur eine Auslastung von etwa 40 Prozent, im ersten Halbjahr 2008 ging die Auslastung um mehr als sieben Prozent zurück. Die Notwendigkeit eines Brückenbaus sei nicht erkennbar, betont er: "Es gibt noch jede Menge Luft." Zudem ist Havemann davon überzeugt, dass sich die Zuwächse beim Frachtverkehr nach Osteuropa verlagern werden. "Rostock wird gewinnen, nicht die Brücke."

Inselbürgermeister Ott-Uwe Schmiedt ist gedämpfter Stimmung an diesem Mittwochvormittag. Persönlich erklärter Gegner der Brücke, müsse er doch das Beste aus der Situation machen, sagt er: "Ich weiß, ab wann das Dagegensein für die Stadt schädlich wäre." Der 52-Jährige kämpft bei der Landesregierung für Ausgleichs- und Infrastrukturmaßnahmen, bislang ohne konkrete Zusagen. Kommt die Brücke, dann beherbergt die 13 000-Einwohner-Insel etwa zehn Jahre lang die größte Baustelle Europas.

Die Befürchtungen, was aus der beliebten Ferieninsel mit 800 000 Urlaubern im Jahr wird, wenn der Ausbau der Hauptstraße von Großenbrode auf dem Festland zum Fährhafen Puttgarten jahrelang für Staus sorgt, sind groß: "Die Politik ist hier in einer großen Verantwortung", sagt Jürgen Boos vom Aktionsbündnis, der fürchtet, Fehmarn, das zu 80 Prozent vom Tourismus lebt, werde eine reine Transitstrecke, "wir werden der Brenner des Nordens". Die Beeinträchtigung der Ostsee durch die Baggerarbeiten, die Schiffssicherheit in der viel befahrenen Wasserstraße, die Auswirkungen auf die Millionen Zugvögel, in deren Zugroute die Brücke liegen würde - all das sei nicht ausreichend untersucht, kritisiert das Aktionsbündnis.

Dass sich Fehmarn bereits verändert hat, hat Hans-Hermann Schütt festgestellt, der seit 30 Jahren einen Obst- und Gemüsestand auf dem Wochenmarkt in Burg betreibt: "Wir leben hier von den Urlaubern", sagt der 54-Jährige, aber die Insel habe bei Schlechtwetter wenig zu bieten. "Die Leute, die Geld haben, die kommen schon nicht mehr nach Fehmarn."