Kleine Tümmler: Treibnetze sind größte Gefahr. Viele Tiere verenden als Beifang im Nylongarn: Sie erkennen es nicht, verheddern sich und ertrinken.

Kiel. Die einzige Walart in der Ostsee ist weiterhin stark vom Aussterben bedroht und kann nach Einschätzung von Experten nur bei deutlichen Beschränkungen für die Fischerei überleben. Von dem bis zu 1,60 Meter großen Schweinswal - auch Kleiner Tümmler genannt - gebe es nach Schätzungen in der westlichen Ostsee 800 bis 2000 und in der östlichen und zentralen Ostsee nur 100 bis 600 Tiere, sagte der Stralsunder Meeresbiologe Stefan Bräger in Kiel. Zum einen seien Reservate ohne Motorsport und konventionelle Fischerei unerläßlich. "Einzelne Schutzgebiete allein reichen aber nicht aus, weil diese Art in der Ostsee wandert." Viele Tiere sterben in Treibnetzen.

Dem kleinen Wal machten auch Schadstoffe, Motorsportgeräusche und Unterwasserschall unter anderem der Marine zu schaffen. Der Tod als sinnloser Beifang sei jedoch die wichtigste Ursache für die Bedrohung der Art, sagte die Biologin und Vorsitzende der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere (GSM), Petra Deimer. "Die Tiere können die modernen Nylongarne weder sehen noch orten. Sie verheddern sich und ertrinken." Tierschützer kritisieren in diesem Zusammenhang vor allem Treib- und Stellnetze und fordern Langleinen und Reusen. Bei Reusen könnten Wale entweder entkommen oder lebendig gerettet werden.

"Es sterben mehr Tiere, als geboren werden", bilanzierte Deimer. Der Schweinswal ist erst nach rund vier Jahren geschlechtsreif. Zwar sei vom übernächsten Jahr an der Einsatz von Treibnetzen in der EU formell verboten. Außerdem sollen im Meer einzelne Schutzgebiete entstehen, generell sei aber eine Beschränkung der aggressiven Befischung des baltischen Meeres nötig, sagte die GSM-Chefin. Ein Drittel des sinnlosen und tödlichen Beifangs von Schweinswalen geschehe bei Nebenerwerbsfischern. "Wenn solche Nebenerwerbsfischer sich zur Ruhe setzen, dürfen sie ihre Lizenz verkaufen. Das ist grundfalsch. Diese Lizenzen sollten eingezogen werden", forderte Deimer.

Seit Jahren versuchen Meereskundler Lebensräume der seltenen und scheuen Tiere geographisch auszumachen. Segler meldeten es der GSM, wenn sie die Kleinen Tümmler sehen, sagte Bräger. Aufschlußreiche Daten lieferten zugleich Unterwasserstationen. Dort werden Frequenzen der Wale erkannt und aufgezeichnet.