Im niedersächsischen Umweltministerium wachsen nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ (Montag) die Zweifel, ob sich das einsturzgefährdete Atommüllendlager Asse noch stabilisieren lässt.
Remlingen. In der vorigen Woche hatte der neue Betreiber der Anlage, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS/Salzgitter) bekannt gegeben, dass sich in einer der unterirdischen Kammern Teile von der Decke lösen und auf die dort lagernden 6000 Fässer mit Atommüll stürzen könnten. Endlager-Experte Joachim Bluth vom niedersächsischen Umweltministerium sagte dem "Spiegel", nicht nur über der betreffenden Kammer, sondern in der ganzen 750-Meter-Sohle "knistere und knirsche das Gebirge". "Das bedeutet nicht, dass die Asse morgen zusammenbricht. Zur Panik besteht keinerlei Anlass", sagte eine Sprecherin des Ministeriums.
Nach Angaben der umweltpolitischen Sprecherin der Grünen im niedersächsischen Landtag, Sylvia Kotting-Uhl, droht in zwei weiteren Einlagerungskammern ein Wassereinbruch. "Das Bundesamt für Strahlenschutz muss daher vorrangig prüfen, ob eine sofortig Rückholung aus den Kammern 8 und10 machbar ist und einen Sicherheitsgewinn bietet", sagte sie der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". In den beiden Kammern liegen nach ihren Angaben 16.000 teilweise beschädigte Fässer mit Atommüll. Käme dieser in Kontakt mit Wasser könne es zu chemischen Reaktionen kommen, bei denen Methan und knallgas entstünden, so die Politikerin. Das BfS bestätigt nicht, dass sich die Lage in diesem Bereich weiter dramatisiert habe. Der Wasserzufluss sei bekannt und habe sich nicht verschlimmert.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warnt derweil in der "Braunschweiger Zeitung" (Montag) vor voreiligen Schlüssen über Probleme in der Asse. "Unser Ziel bleibt es, die sicherste Lösung zu finden. Wenn es eine Chance gibt, den Atommüll wieder aus dem Bergwerk herauszuholen und damit für mehr Sicherheit zu sorgen, dann wollen wir diese Chance nutzen." Er fügte hinzu: "Aber wir wissen noch nicht, ob wir dazu in der Lage sind und ob die Stabilisierungsmaßnahmen ausreichen." Ziel sei es, so schnell wie möglich Klarheit über die Schließungs-Alternativen zu haben; die Entscheidungen müssten in diesem Jahr getroffen werden. Das BfS betonte, dass die Untersuchungen zu den möglichen Alternativen einer sicheren Schließung noch nicht abgeschlossen seien. "Seit dem Betreiberwechsel vor zwei Wochen hat sich keine neue Sicherheitslage ergeben", sagte ein BfS-Sprecher.
Am 29. Januar sollen neuere Ergebnisse in einem Fachgespräch mit Experten des niedersächsischen Umweltministeriums, des BfS und Vertretern der Region vorgestellt werden. Auch die gebirgsmechanische Gesamtbewertung soll dabei laut Ministerium erörtert werden. Der BfS-Sprecher sagte: "Die Asse ist ein marodes Salzbergwerk, in das niemals radioaktive Abfälle hätten eingelagert werden dürfen." Umso wichtiger sei es, mögliche Alternativen wie die Stabilisierung oder Rückholung von Abfällen zu prüfen. Nur dann könne die Asse sicher stillgelegt werden. "Seriöse Angaben lassen sich nur anhand wissenschaftlicher Untersuchungen machen, die bereits laufen."