Ein Feuer sollte die Bluttat vertuschen. “So etwas passiert im Krimi, aber doch nicht in Harrislee“, sagt ein Nachbar.

Harrislee. Der Tod der jungen Frau und ihrer kleinen Tochter lässt Knud-Erik Lassen nicht los: Erschüttert steht der Nachbar in Harrislee bei Flensburg vor dem rot-weißen Flatterband, mit dem der rot geklinkerte Eckbungalow in dem Neubaugebiet abgesperrt ist. "Wie kann man so etwas machen? So etwas passiert im Krimi, aber doch nicht in Harrislee", sagt Lassen und blickt auf das Haus, in dem die Feuerwehr nach einem Zimmerbrand die leblosen Körper einer 36-Jährigen und ihrer sieben Jahre alten Tochter entdeckte.

Zuvor hat sich dort offenbar ein Familiendrama abgespielt: Mutter und Tochter weisen Stichverletzungen auf; der Ehemann und Vater ist verschwunden, die Fahndung nach ihm läuft.

Auf dem Rasen unter einem Fenster liegen stumme Zeugen des Dramas: ein verkohlter Schrank, angesengte Malstifte, Kinder- und Schulbücher. Immer noch riecht es verbrannt. Ein ausgebranntes Fenster ist mit einer Spanplatte verdeckt.

Für die Feuerwehrleute war es zunächst ein Routine-Einsatz, nachdem sie wegen des Brandes alarmiert wurden. Doch dann fanden sie im Haus die leblosen Körper. Offensichtlich sollte durch das Feuer ein Verbrechen vertuscht werden. "Wir gehen von einem Tötungsdelikt aus", sagt Oberstaatsanwältin Ulrike Stahlmann-Liebelt in Flensburg. Die Polizei sucht nun bundesweit nach dem 37 Jahre alten Ehemann und Vater. Auch ein Hubschrauber wurde eingesetzt.

Die Nachbarn in dem 11 000-Einwohner-Ort an der dänischen Grenze beschreiben die Familie als ruhig und nett. Die Familie lebte seit etwa drei Jahren in dem Haus. Man habe nie Streit gehört. "Es war ein freundliches Kind. Die Frau habe ich gestern noch gesehen, sie hat immer gegrüßt", sagt Lassen. Im Internet schreibt die Mutter einer Mitschülerin des getöteten Mädchens: "Wie soll man nur erklären, was da passiert ist? Ich bin ratlos. Es kommen Fragen über Fragen, und ich habe keine Antwort."

"Wir haben noch versucht, das Kind wiederzubeleben", berichtet Roman Kuchanski. Er war mit der Feuerwehr am Brandort und kehrte jetzt zurück, um das Geschehen und das Gesehene zu verarbeiten. "Es qualmte, aber die Flammen waren schon fast wieder aus, als wir ankamen." Die Feuerwehrleute gingen zunächst von einer Rauchvergiftung der beiden Opfer aus. Zweifel kamen, als die Luftzufuhr nicht in der Lunge des Mädchens ankam. "Ich habe das T-Shirt hochgehoben, da sahen wir die Wunde in der Brust." Noch in der Nacht ließen sich Kuchanski und seine Feuerwehrkollegen von einem Seelsorger betreuen.

Die Fahndung nach dem Vater des Kindes läuft auf Hochtouren und soll auf Dänemark ausgeweitet werden. Nachbar Lassen erzählt: "Andere Nachbarn haben das Feuer gesehen. Wir dachten, es sei keiner zu Hause, denn das Auto war nicht da." Auch nach dem Wagen wird gesucht.