Berücksichtigt werden unterschiedliche Strömungen des Islam und Lehrpläne der Bundesländer ebenso wie das Ziel, ein Buch zu schaffen, das Lehrer, Schüler und Eltern gleichermaßen anspricht. “Mein Islambuch“ heißt das Lehrwerk, das auf der Bildungsmesse “didacta“ in Hannover präsentiert wird.

Die Anforderungen an das erste Grundschulbuch für islamischen Religionsunterricht in Deutschland waren enorm: Berücksichtigt werden sollten unterschiedliche Strömungen des Islam und Lehrpläne der Bundesländer ebenso wie das Ziel, ein Buch zu schaffen, das Lehrer, Schüler und Eltern gleichermaßen anspricht. "Mein Islambuch" heißt das Lehrwerk, das der Oldenbourg Verlag auf der Bildungsmesse "didacta" in Hannover präsentiert.

In das Buch, das auf der Titelseite eine Moschee und Schülerfiguren zeigt, sind drei Jahre Vorarbeit geflossen noch viel länger dauerte das Tauziehen zwischen Politik und islamischen Interessengruppen um Ausrichtung und Bestimmung islamischer Religionsinhalte in Deutschland. "Mein Islambuch" soll muslimische Schüler in ihrer deutschen Umgebung ansprechen und befähigen, auf Deutsch über die eigene Religion zu sprechen. Dies soll ihre kulturelle Identität stärken und so die Integration in Deutschland erleichtern, erhofft sich Verleger Jörg Platiel.

Der interreligiöse Dialog spielt in dem Lehrwerk auch eine Rolle, Gebräuche der Christen und Juden werden erörtert. Die ersten Reaktionen der muslimischen Gemeinschaft sind laut Verlag positiv auch wenn die Federführung für das Buch in deutscher Hand lag und die Organisationen, die sich als Vertreter der Muslime in Deutschland sehen, außen vor blieben. "Ich hoffe, und ich bin davon überzeugt, dass Projekte dieser Art helfen, Kindern mit Migrationshintergrund Heimat und Zukunft in Deutschland zu geben", sagt Platiel. In Zuwandererfamilien spiele das Thema Religion eine gewichtige Rolle, oft noch mehr als in der alten Heimat.

3,3 Millionen Muslime leben in Deutschland, rund 1 Million davon sind Kinder in schulpflichtigem Alter. Nach Beschluss der Islamkonferenz vom März 2008 soll es in den nächsten Jahren überall Islamunterricht geben. Die bisherigen Projekte in den Bundesländern reichen von Islamkunde hier geht es um bloße Wissensvermittlung - bis zu Bekenntnisunterricht, in dem Glaube gelehrt wird. Suren aus dem Koran sind in dem Islambuch für Klasse 1 und 2 zwar auch zu finden, im Mittelpunkt aber steht das Alltagsleben muslimischer Kinder in Deutschland.

Erklärt werden Gebräuche wie die fünf täglichen Gebete, der Ramadan oder die Beschneidung von Jungen. Auch der Entstehung des Koran und dem Propheten Mohammed sind Kapitel gewidmet. "Das Problem war, dass es keinerlei Vorbild gab", räumt Cheflektorin Ute Busche ein. Und türkische Schulbücher sollten eben nicht kopiert werden. Erschwerend kam hinzu, dass es für manche arabischen Texte keine einheitliche Schreibweise und Übersetzung gibt. Einzelne Suren sind nun in vereinfachtem Arabisch sowie in Lautschrift und einer Übertragung in deutsche Worte aufgenommen.

"Bisher gibt es nur positive Rückmeldungen", sagt Autorin Gül Solgun-Kaps, die in Bayern als Islamlehrerin tätig ist. "Im Grunde sind Vereine und Moscheen froh über dieses Buch, weil die Imame der deutschen Sprache oft nicht so mächtig sind." Als verbindende Grundlage für alle Schüler muslimischen Glaubens stehen auf der ersten Seite die Glaubensgrundsätze des Islam. "Uns ist klar, dass Islam nicht nur Türkensache ist", meint Solgun-Kaps.

In Bayern und Nordrhein-Westfalen ist "Mein Islambuch" bereits zum Unterricht zugelassen, das Verfahren in anderen Bundesländern läuft noch. Gleichermaßen positive Erfahrungen mit einem islamischen Schulbuch hat der Kösel-Verlag gemacht, der mit dem Werk "Saphir" bereits vor wenigen Monaten ein Buch für die Klassen 5 und 6 vorgelegt hat. Eine offizielle Stellungnahme der islamischen Verbände gebe es zwar nicht, "hinter der Hand aber hört man sehr viel Lob, auch von den Moscheegemeinden", sagt Lektorin Claudia Lueg. "Die meisten sind froh, dass es endlich ein richtiges Buch gibt, auch die Eltern sind sehr angetan."

Während der Kösel-Verlag bereits an zwei Folgewerken bis Klasse 10 arbeitet, will der Oldenbourg-Verlag einen Band für die Klassen 3 und 4 vorbereiten. Der Islamunterricht zumindest wird dank der Lehrbücher beflügelt, ist Lueg sich sicher. "Wir kriegen mit, dass der Zuspruch wächst."