Roman Polanski verlegt Martha's Vineyard nach Nordfriesland. Weil sich die Häfen ähneln, dreht er hier Teile von “The Ghost“.

List/Sylt. Ein wenig traurig macht es Michael Siebert schon, dass Hollywood sogar die Straßenschilder am Hafen austauschen wird, "aber mein Gott, das ist dann eben so", sagt der Tourismusdirektor von List auf Sylt. Ausgerechnet der nördlichste Zipfel der Insel wird Filmkulisse, dabei gäbe es doch viel mondänere Orte auf Sylt - mit nobleren Boutiquen, trendigeren Restaurants, luxuriöseren Hotels. Aber eines haben eben alle anderen nicht: einen Hafen wie List. Denn dass ausgerechnet der Inselzipfel zu Hollywood-Ehren kommt, verdankt er der Tatsache, "dass der Hafen von List mit seinen kleinen bunten Häusern fast eine Eins-zu-eins-Kopie von Martha's Vineyard ist", zitiert Siebert die Produktionsfirma. Zugegeben, die amerikanische Insel ist in Vielem pittoresker als List, aber genau die Hafenkulisse sowie den unberührten Strand am Ellenbogen braucht Star-Regisseur Roman Polanski für seinen neuen Polit-Thriller "The Ghost".

Auf Martha's Vineyard, wo der Roman von Robert Harris angesiedelt ist, kann Polanski nicht drehen, weil dem 75-Jährigen bei der Einreise in die USA die sofortige Verhaftung drohen würde. Polanski hatte in den 70er-Jahren ein 13-jähriges Mädchen unter Drogeneinfluss missbraucht und war nach einem Schuldeingeständnis vor Gericht 1978 nach Frankreich geflohen, um einer langjährigen Haftstrafe zu entgehen. Dort lebt der Regisseur, der mit der Schauspielerin Emmanuelle Seigner verheiratet ist, unbehelligt, aber die USA bleiben ihm weiterhin verwehrt. Sein Antrag auf Verfahrenseinstellung wurde im Dezember 2008 abgewiesen.

Von der Unnachgiebigkeit der amerikanischen Justiz profitieren nun die Sylter. Die Lister haben zwar häufig Werbe- oder Fernsehproduktionen zu Gast, aber dass nun sogar Hollywood anklopft, ist doch etwas Besonderes. Im November hätten sich die Planungen verdichtet, berichtet Siebert. "Jetzt sind wir vorbereitet, Herr Polanski kann kommen."

Den Vergleich mit der amerikanischen Nobelinsel scheuen die Lister nicht: "Die können hier ganz einsam am Strand drehen", sagt der Tourismusdirektor selbstbewusst und verrät: "Es soll Szenen am Hafen und am Ellenbogen geben." Das Filmteam, das mit den Dreharbeiten zunächst übermorgen in Berlin beginnt, wird vom 3. bis 6. März auf Sylt erwartet. "Die brauchen für eine Szene ganz schlechtes Wetter mit Regen und Sturm", weiß Siebert, "das können die aber nicht bestellen. Also müssen sie vielleicht noch einmal wiederkommen."

Der bekannteste Schauspieler, der auf Sylt drehen wird, ist Ewan McGregor ("Star Wars", "Moulin Rouge"). Pierce Brosnan dagegen kommt doch nicht. "Er dreht nun auf Pellworm, und dann wird das wohl zusammengeschnitten", sagt Siebert.

Dass der Wiedererkennungswert von Sylt insgesamt wohl gering ausfallen wird, hat der Tourismusdirektor nach den Vorgesprächen bereits herausgehört: "Da müssen wir gelassen bleiben. Sylt-Freunde werden wohl das eine oder andere erkennen. Insgesamt ist das für uns hier eine spannende Sache, und wir freuen uns drauf." Wer sonst darf schon Martha's Vineyard doubeln?

Übrigens: Auch für die Kampener wird ein wenig Hollywood-Glamour abfärben. Nach Abendblatt-Informationen soll die Filmcrew in Walter's Hof in Kampen absteigen. "Solche Hotels haben wir hier nicht", sagt Siebert und fügt dann lächelnd hinzu "noch nicht."