Der rumänische Großsegler ist am Mittwoch in Wilhelmshaven eingelaufen. „Gorch Fock“ kehrt erst 2018 aus dem Trockendock zurück.
Wilhelmshaven Der Albatros muss noch eine Weile mit Trockenübungen vorlieb nehmen. Erst 2018 wird die Galionsfigur am Bug der „Gorch Fock“ wieder Wind unter den Flügeln und das Segelschulschiff der Deutschen Marine wieder Wasser unterm Kiel haben. Wann genau der Dreimaster aus dem Trockendock kommt, soll die Werft in Bremerhaven bis Ende August errechnen.
Seit Januar 2016 liegt die „Gorch Fock“ in der Bredo Werft. „Ich habe das Schiff quasi 24 Stunden vor meinen Augen liegen“, sagt Kommandant Nils Brandt (51), der das genauso meint. Denn er ist ersatzweise mit seiner im Schnitt 130 Mann starken Stammbesatzung unmittelbar hinter dem Dock auf einem Ponton mit Wohncontainer einquartiert.
Sanierung der Gorch Fock kostet 75 Millionen Euro
An dem Schiff muss einiges instandgesetzt werden. Schon 2011/2012 war die „Gorch Fock“ im Dock. Damals wurde nur ein kleiner Teil des Außenrumpfes ersetzt. Heute geht es um die Erneuerung von etwa 75 bis 80 Prozent der Außenbeplankung. Hinzu kommt die Sanierung des unter dem Holzdeck liegenden Stahldecks, das trotz intensiver Konservierung starke Korrosion durch Schwitz- und Salzwasser aufweist. 75 Millionen Euro lautet die Hausnummer für die Sanierung, die die „Gorch Fock“ bis „weit über“ 2030 ertüchtigen soll.
„Mircea“ soll am 11. August mit Kurs Lissabon auslaufen
Trotz der Dockpause müssen die Kadetten nicht länger auf die Segelerfahrung verzichten. Das fast baugleiche rumänische Schwesterschiff „Mircea“ springt vorübergehend ein und nimmt in Wilhelmshaven 55 deutsche Offiziersanwärter an Bord. Gemeinsam mit rund 50 rumänischen, bulgarischen und chinesischen Kadetten sollen sie auf der „Mircea“ am 11. August mit Kurs Lissabon auslaufen. In Palma de Mallorca wird die deutsche Mannschaft ausgetauscht. Auf dem Lehrplan unter anderem: Praktische Seemannschaft (Knotenkunde, Spleißen, Umgang mit Drähten und Tauwerk, Erlernen einer Bootsmannsnaht etwa zum Nähen eines Seesackes), Wetterkunde und Navigation.
„Es geht darum, dass die Kameradinnen und Kameraden das Erlebnis Seefahrt noch mal haben, bevor sie ins Studium gehen“, freut sich „Gorch Fock“-Kommandant Brandt über die rumänische Hilfe im Rahmen der Nato-Kooperation. Auch wenn der Alltag auf einer hochmodernen Fregatte oder Korvette komplett anders ist als auf einem Dreimaster, sei die Ausbildungsstation sehr wichtig. „Auseinandersetzung mit Wind und Wellen“, Teamgeist und Selbsteinschätzung - drei Felder, auf denen die Kadetten bei dem Segeltörn wichtige Erfahrungen sammeln.
„Bei Facebook kann man der größte Löwe sein, und dann stellt man bei Seekrankheit, Regen und Kälte fest, dass man doch eher ein kleines Waschbärchen ist. Und der vermeintlich Schwache bei Facebook ist der, der mit einem heißen Tee und einem Zwieback ankommt“, beschreibt der seit 2014 amtierende Kommandant so manche überraschende Team- Erfahrung und den Unterschied zwischen virtueller und realer Welt.
Und weil Wind und Wetter in der realen Seefahrt bestimmende Faktoren sind, kam die „Mircea“ am Mittwoch auch einige Stunden später als geplant in Wilhelmshaven an. Dort liegt sie nun bis Ende nächste Woche in bester „A-Lage“ am Bontekai. Da der rumänische Großsegler nicht in allen Bereichen deutschen Standards entspricht, wurden Vorkehrungen getroffen - unter anderem beim Arbeitsschutz, der Sicherheit, der medizinischen Versorgung und dem Umgang mit Lebensmitteln. Eigene Schwimmwesten werden mitgebracht, ein deutscher Schiffsarzt und auch eine Zahnärztin, die deutsch und rumänisch spricht, sind an Bord.
Unterricht auf der Takelage fällt aus
Ausfallen wird auf der „Mircea“ allerdings der Unterricht auf der Takelage, weil sie den „strengen Sicherheitsbestimmungen“ der deutschen Marine nicht genügen. „Bei der Sicherheit in den Masten wollte ich keine Kompromisse eingehen“, hatte Vizeadmiral Rainer Brinkmann schon im April klar gemacht. Nachdem zwei Kadettinnen 2008 und 2010 auf Ausbildungsfahrten der „Gorch Fock“ zu Tode kamen, wurde die Sicherheit auf dem Schiff verbessert.
Einigkeit besteht, dass die - wie die „Mircea“ auch - bei Blohm & Voss gebaute „Gorch Fock“ noch lange im Dienst bleiben soll. „2030 plus“ lautet die Zeitvorgabe für die aktuelle Runderneuerung. Aber Kapitän Brandt schätzt, dass das 1958 gebaute Schiff nach der Instandsetzung noch viel länger Wind, Wetter und Wellen trotzen wird. „Warum sollte das, was jetzt gemacht wird, schlechter sein, als das, was 1958 gemacht wurde? Und das hat 60 Jahre gehalten.“