Hannover/Bielefeld. Wieder hervorgekramte Pläne für eine ICE-Trasse zwischen Westfalen und Hannover sorgen für Wirbel. Staus sollen so beseitigt werden.
Im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans ist die neue ICE-Trasse ein breiter roter Strich zwischen Hannover und Herford, für Anlieger in Ostwestfalen und dem Schaumburger Land die Wiedergeburt eines beerdigt geglaubten Schreckgespensts. Schon vor zwölf Jahren wurde das Projekt zur Entlastung der Hauptstrecke vom Ruhrgebiet nach Hannover und Berlin in die Schublade verwiesen. Die stattdessen verlangten extra Gleise entlang der bestehenden Strecke wurden nie gebaut. Von Porta Westfalica bis Bad Nenndorf laufen nun wieder Städte Sturm gegen die Neuauflage der Pläne, die täglich Zehntausende Bahnpendler flotter ans Ziel bringen sollen.
Ein ganzer Siedlungs- und hochsensibler Landschaftsraum werde durch die neue Trasse zerschnitten, beklagten die Städte Porta Westfalica, Minden und Bückeburg kürzlich in einer gemeinsamen Resolution. Die Industriestadt Minden mit einem Einzugsbereich von 400 000 Einwohnern verlöre ihren IC-Anschluss, zudem verbiete sich der geplante Tunnel durch die Porta Westfalica wegen der dort im Jakobsberg vorhandenen historischen Stätten des ehemaligen NS-Arbeitslagers. Auch das Landschaftsbild werde durch eine geplante große Brücke bei Bückeburg zerstört, monierte die Stadt.
Einen steigenden Lärmpegel der mit Tempo 230 vorbeisausenden Züge führte Stadthagen in seiner Stellungnahme zu den Berliner Plänen an. Naherholung und Tourismus sieht die Kurstadt Bad Nenndorf mit ihren jährlich 240.000 Übernachtungsgästen in Gefahr. Außerdem würden Landwirten dringend benötigte Flächen genommen und die Stadt in ihrem künftigen Wachstum eingeengt. Logisch, dass die Verkehrsministerien in Düsseldorf und Hannover den Bund gebeten haben, die Planung zu überprüfen und stattdessen die bestehende Strecke auszubauen. Grundsätzlich, da sind sich beide Bundesländer und die Städte einig, müsse auf jeden Fall in die Verbindung investiert werden.
Pro Bahn sieht Vorteile für Reisende
Während die im Personen- und Güterverkehr stark befahrene Strecke vom Ruhrgebiet bis Minden viergleisig ausgebaut ist, gibt es bis Wunstorf bei Hannover ein zweigleisiges Nadelöhr, durch das sich auch die aus Richtung Niederlande und Osnabrück kommenden Züge drängen. Durch einen Neubauabschnitt mit veranschlagten Kosten von knapp 1,4 Milliarden Euro soll sich die Fahrzeit von Hannover nach Bielefeld und Osnabrück um 8 Minuten auf 40 beziehungsweise 63 Minuten reduzieren. Dies sind zunächst bescheidene Zeitgewinne, die im Fahrplangefüge aber frühere Ankünfte an Umsteigestationen und für Reisende eine mitunter deutlich schnellere Ankunft am Ziel bedeuten.
Während sich die bereits vor mehr als einem Jahrzehnt aktive Bürgerinitiative gegen einen trassenfernen Ausbau (BIGTAB) unverhofft neu formiert, sieht der Fahrgastverband Pro Bahn deutliche Vorteile für Reisende durch eine Neubaustrecke, der Regional-Express etwa könnte halbstündlich statt stündlich fahren.
„Aus meiner Sicht ist es das Wichtigste, dass Fahrgastaspekte im Vordergrund stehen“, sagte der niedersächsische Verbandsvorsitzende Björn Gryschka. Stattdessen habe er den Eindruck, dass in den letzten Jahren Bürgerinitiativen im Vordergrund gestanden und bestimmt hätten, wo Bahnlinien nicht gebaut werden. So sei dies geschehen bei dem Dialogforum zur Schaffung zusätzlicher Kapazitäten für den Güterverkehr zu den Häfen. Genau solch einen ergebnisoffenen Dialog von Bürgern, Bahn und Kommunen regte Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) in seinem Schreiben an das Bundesverkehrsministerium an.
Zustand wird noch Jahre andauern
Ebenfalls begleitet von Protesten einer Bürgerinitiative in den Papierkorb verwiesen wurden im neuen Verkehrswegeplanentwurf eine Alternative zur ICE-Trasse Bielefeld-Hannover - ein Ausbau der Löhner Bahn von Bad Oeynhausen über Hameln nach Hildesheim für den Güterverkehr sei unwirtschaftlich, heißt es dort nun.
Ob die neue ICE-Trasse anders als vor zwölf Jahren über das Konzeptstadion hinaus in die konkrete Planung geht, ist noch offen. Erst nach Würdigung aller Einwände wird eine noch mal überarbeitete Fassung des Bundesverkehrswegeplans bis zum Jahresende in Berlin verabschiedet. Wohl noch Jahre geht es also für ICE-Reisende mit reduziertem Tempo an Minden vorbei Richtung Hannover, während Güterzüge auf den Ausweichgleisen warten müssen.