Friesoythe. Künftig können nur noch Urnen auf dem Friedhof bestattet werden. Das Problem gibt es immer wieder und seit Jahrhunderten.

Die evangelische Kirchengemeinde in Friesoythe bei Cloppenburg hat ihren Friedhof für Erdbestattungen geschlossen, weil die Leichen aufgrund des hohen Grundwasserspiegels nicht richtig verwesen können. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber wir wollen bei dem Problem auch nicht wegschauen“, sagte Pastorin Nicole Ochs-Schultz am Montag dem Evangelischen Pressedienst.

Künftig seien auf dem Friedhof mit mehr als 700 Gräbern nur noch Urnenbeisetzungen möglich. Nur in besonderen Ausnahmefällen sei in Familiengräbern eine Sargbestattung mit einem sogenannten Grabhöhlensystem möglich, sagte die Pastorin. Alternativ könnten die Toten auf dem katholischen Friedhof bestattet werden.

Immer wieder sind Friedhöfe betroffen

„Das Problem mit nicht verwesenden Leichen ist nicht neu und seit Jahrhunderten bekannt“, sagte der Verantwortliche für Friedhofsfragen bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Michael Poloczek. Von den bundesweit rund 33.000 Friedhöfen sei etwa jeder dritte betroffen. Das gelte auch für die 137 evangelischen Friedhöfe innerhalb der oldenburgischen Kirche. Darum gelte auf diesen Friedhöfen eine Ruhezeit von mindestens 25 Jahren.

Grundvoraussetzung für die natürliche Zersetzung ist Polozeck zufolge der Austausch von Sauerstoff und CO2. In schlecht belüfteten Böden, etwa bei schweren Kleie- und Moorböden finde dieser Prozess nur sehr verzögert oder gar nicht statt. Auch massive Abdeckungen in Form einer steinernen Grabplatte oder dicke Kieselschichten mit darunter liegenden Teichfolien oder Teerpappen verhinderten die Zersetzung.

Wachsleichen sind keine Mumien

Wachsleichen sind Körper, die auch nach Jahrzehnten nicht verwesen. Sie entstehen, wenn die Särge wegen fester und sehr nasser Böden luftdicht abgeschlossen sind.

Ohne Sauerstoff kann die Verwesung nicht beginnen. Experten zufolge gibt es auf etwa jedem dritten norddeutschen Friedhof Wachsleichen. Auch in Süddeutschland und den Mittelgebirgen trete das Phänomen auf.

Wenn die Körper nicht verwesen können, bilden sich die Hautfette der Verstorbenen zu sogenannten wasserunlöslichen Leichenlipiden um und lagern sich im Gewebe ein. Diese wachsartige Substanz umgibt den Körper mit einer Art Schutzschicht, die eine weitere Verwesung verhindert.

Wachsleichen sind keine Mumien. Bei Mumien kommt der Verwesungsprozess durch Wasserentzug zum Stillstand.

Bei einer üblichen Erdbestattung wird der verschlossene Holzsarg in etwa 1,8 Meter Tiefe gelegt und das Grab mit Erde verfüllt. In der Regel beginnt dann, das Holz zu verfaulen und der darin vorhandene Körper zu verwesen. Nach spätestens acht Jahren sollte der Körper komplett zersetzt sein. EPD

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Groß seien die Probleme bei einem zu hohen Grundwasserspiegel, erläuterte der Friedhofsexperte Andreas Bigalke aus Hannover. Die Särge liefen nach und nach wie eine Wanne voll. Liege die Leiche erst im Wasser, bilde sich aus dem körpereigenen Fett ein wasserunlösliches Leichenlipid, das den ganzen Körper umhülle und die Konsistenz von Palmin habe. Das gehärtete Fett baue sich nur sehr schlecht ab und konserviere den Körper über viele Jahrzehnte, weshalb gelegentlich auch von „Wachsleichen“ gesprochen werde. Besonders für die Friedhofsgärtner, die die Gräber für eine Wiederbelegung ausheben müssten, seien die Wachsleichen eine unzumutbare psychische Belastung.