Bleckede/Hamburg. Unbekannte zerstörten mehrere Grabsteine auf Friedhof in Bleckede. Jüdische Gemeinde sieht „Vorstufe zu einer wirklichen Bedrohung“.
Nach der Schändung eines jüdischen Friedhofes vor drei Wochen in Bleckede dauern die strafrechtlichen Ermittlungen noch an. Eine politische Motivation könne nicht ausgeschlossen werden, sagte ein Polizeisprecher. Allerdings seien keine Symbole wie etwa Hakenkreuze gefunden worden. Die Polizei geht von ein bis zwei Verantwortlichen für die Tat aus.
Unbekannte hatten zwischen dem 17. und 19. März auf dem jüdischen Friedhof am Rande der Elbstadt elf historische Grabsteine umgeworfen und teilweise zerstört. Passanten hatten die Schäden bemerkt und die Polizei verständigt. Der Schaden wird auf mehrere Tausend Euro geschätzt. Die Polizei konnte Spuren sichern und ermittelt nun gemeinsam mit dem Lüneburger Staatsschutzkommissariat.
„Das ist kein Einzelfall“
Die jüdischen Gemeinden in Niedersachsen zeigten sich nach den Worten des Landesvorsitzenden Michael Fürst durch den Vorfall alarmiert. „Die Zahl der Grabschändungen nimmt in letzter Zeit in besorgniserregender Weise zu“, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“.
„Das ist kein Einzelfall“, sagte Fürst. Unter anderem waren in jüngster Zeit auch auf dem jüdischen Friedhof „An der Strangriede“ in Hannover mehrfach Grabsteine beschädigt und Fenster einer historischen Predigthalle eingeschlagen worden.
„Wir erleben derzeit einen stillen Antisemitismus, der sich mit Fremdenfeindlichkeit und offenem Rassismus vermengt“, mahnte Fürst. Er führt die Grabschändungen vor allem auf die zugespitzte politische Diskussion um Flucht und Asyl zurück. „Der weltweite Rassismus schwappt zu uns rüber.“ Fürst wertete gegenüber der Zeitung die Grabschändungen als „Vorstufe zu einer wirklichen Bedrohung“.
„Angriff hat eine neue Qualität“
„Der Angriff auf den jüdischen Friedhof in Bleckede hat eine neue Qualität. Es ist ein symbolischer Angriff, der sich gegen die Religionsfreiheit aber auch gegen eine bestimmte Personengruppe richtet“, sagte Jasper Kahrs, Sprecher des AStA der Universität Lüneburg. „Er zeigt, dass die Anschläge auf geflüchtete Menschen und deren Unterkünfte auch anderer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit Tür und Tor öffnen. Genau deswegen ist es so wichtig, sich zu solidarisieren und gegen diese Menschenfeindlichkeit aufzustehen.“
Der Jüdische Friedhof Bleckede ist etwa 1400 Quadratmeter groß und ein geschütztes Kulturdenkmal. Auf dem Friedhof befinden sich 37 Grabsteine. Bereits in den 1980er Jahren soll er mehrfach geschändet worden sein.