Hannover/Gelsenkirchen. Ultras hatten nach dem Schalkespiel in einem Zug unter anderem mit Fäkalien gewütet. Polizisten wurden mit Pyrotechnik angegriffen.
Problemfans von Hannover 96 sind am Wochenende gleich mehrfach negativ in Erscheinung getreten. Nach dem Bundesligaspiel bei Schalke 04 (1:3) am Freitag beschossen einige von ihnen Bundespolizisten in Dortmund mit Signalmunition und bewarfen diese mit Flaschen.
Die Polizei leitete elf Ermittlungsverfahren unter anderem wegen Körperverletzung, Landfriedensbruchs und Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz ein, wie sie am Montag mitteilte. Rund 200 Personen hätten auf der Heimreise am Dortmunder Hauptbahnhof randaliert und Pyrotechnik auf die Polizisten abgefeuert.
Später prügelten sich die Gewalttäter mit einer anderen Fangruppe. Die Bundesbeamten setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Zwei Männer kamen in Gewahrsam. Rund 50 Problemfans aus Hannover hatten später zudem einen Regionalexpress verwüstet und unter anderem mit Fäkalien beschmutzt.
Kind nennt Aktionen "widerlich"
Laut Polizeiangaben hatten sich mehrere Chaoten auf der Rückfahrt des Spiels in einem Zug zwischen Bielefeld und Hannover übergeben. Die Waggons wurden mit Urin und Kot beschmiert. Zudem wurden Deckenverkleidungen eingetreten, Feuerlöscher entleert, Waggons massiv beschmiert und Zigaretten in den Sitzen ausgedrückt.
Es habe sich um 50 bis 70 Ultras der Niedersachsen gehandelt, die Höhe des Schadens liege voraussichtlich „im hohen fünfstelligen Bereich“. Hannovers Clubchef Martin Kind bezeichnete das Verhalten der Anhänger als „widerlich“. „Ich war entsetzt, als ich gehört habe, was passiert ist“, sagte der Präsident am Montag.
96 berät über Maßnahmen
In der Vergangenheit waren Teile der 96-Anhänger mehrfach unangenehm aufgefallen. „Hannover 96 verurteilt grundsätzlich jede Form von Gewalt und Vandalismus. Sofern möglich, werden wir die Ermittlungsarbeiten der Behörden unterstützen“, hatte ein 96-Sprecher schon vor Kind betont.
„Hannover 96 muss sich langsam fragen lassen, ob das die Fans sind, auf deren Unterstützung sie weiter zählen wollen“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei Hannover der Deutschen Presse-Agentur. „Die Situation ist extrem schwierig“, sagt Kind über Hannovers Fans: „Die Szene ist uneinheitlich.“ In den kommenden Tagen soll über Maßnahmen beraten werden.
Bader: "Wir werden das nicht hinnehmen"
„Das Maß ist voll“, sagte der neue 96-Geschäftsführer Martin Bader der „Neuen Presse“ (Montag) in Hannover: „Wir werden das nicht hinnehmen.“ Noch vor zwei Wochen nach Vorfällen bei der Fahrt zum Auswärtsspiel in Mönchengladbach hatte der Verein die Anhänger in einer Pressemitteilung in Schutz genommen.
„Das habe ich so nicht erwartet“, gab Hannovers Clubchef nun zu. „Es ist die traurige Erkenntnis, dass auch mit Wohlwollen solche Probleme nicht lösbar sind“, sagte Kind: „Das ist gefühlt die Rückkehr zu alten Zeiten.“
Skandale mit Vorgeschichte
Bereits in der Vorsaison hatte 96 große Schwierigkeiten mit seinen Fans. Ein Teil der Ultras boykottierte die Spiele des Erstligisten und randalierte einige Male bei den Auswärtsfahrten der zweiten Mannschaft. Ein anderer Teil forderte während der Bundesligaspiele immer wieder lautstark: „Kind muss weg.“ Woraufhin die Masse der Fans pfiff.
Die Stimmung im Stadion war oft miserabel. Erst nach einem Kompromiss des Vereins, der sich im Abstiegskampf mehr Unterstützung von den Rängen wünschte, kehrten die zuvor fehlenden Ultras zurück. Der Club schrieb im April von einem „Neuanfang“. Kurzzeitig schien es tatsächlich eine Befriedung zu geben. Bei den Heimspielen sei das Verhalten in Ordnung, sagte Kind: „Das Problem hat sich scheinbar auf Auswärtsspiele verlagert.“