Lüneburg. Der Angeklagte Oskar Gröning folgte den Aussagen aufmerksam, aber sichtlich angestrengt. Die Zeugen sprachen ihn teilweise direkt an.
Im Auschwitz-Prozess gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning hat das Landgericht Lüneburg am Dienstag vier weitere Zeugen angehört. Neben Henriette Beck aus dem bayerischen Neumarkt-Sankt Veit, Kathleen Zahavi aus Toronto und Imre Lebovitz aus Budapest schilderte auch Ivor Perl aus Buckhorst Hill bei London, wie die Gefangenschaft im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau sein Leben geprägt hat. Seine Aussage war erst für Mittwoch geplant. Sie wurde jedoch mit Blick auf den Gesundheitszustand des 93-Jährigen Angeklagten vorverlegt.
Die Zeugen sprachen teilweise den Angeklagten direkt an. „Herr Gröning, Sie haben gesagt, dass sie sich moralisch schuldig fühlen, aber das ist nicht genug“, sagte die 86-jährige Auschwitz-Überlebende Kathleen Zahiri unter Tränen: „Sie haben sich freiwillig gemeldet und eine Last auf sich genommen als junger Mann. Sie sind 93 Jahre alt, und ich hoffe, dass die schrecklichen Bilder Sie für den Rest Ihres Lebens verfolgen werden.“
Gröning folgte den Aussagen aufmerksam, aber zugleich sichtlich angestrengt. Wie der Vorsitzende Richter Franz Kompisch zum Beginn des Prozesstages erklärte, war der Angeklagte in der vergangenen Woche an einem Infekt erkrankt. Zudem leide der 93-Jährige an akuter Erschöpfung. Ein Gutachter habe daher festgelegt, dass die Verhandlungstage künftig nicht länger als drei Stunden dauern sollen. Auf die zwischenzeitliche Nachfrage des Richters, wie es ihm gehe, antwortete der Angeklagte: „Nicht gut, ich habe Kopfschmerzen und leide an Schwindelgefühlen.“
Der frühere Buchhalter von Auschwitz, Oskar Gröning, muss sich in dem Prozess wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen verantworten. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hat er Spuren der Massentötung verwischt, indem er half, an der Bahnrampe in Auschwitz-Birkenau Gepäck wegzuschaffen.
(dpa)