Kassel/Hannover. Die Trennung in gute und böse Tiere gerate ins Wanken, wenn etwa Wölfe wie jetzt in Niedersachsen in Wohngebieten auftauchten.

Mit der Rückkehr des Wolfes nach Deutschland gerät das klassische Mensch-Tier-Verhältnis nach Einschätzung des Kasseler Historikers Prof. Winfried Speitkamp ins Wanken.

„Wir merken, dass Tiere nicht einfach nur dem Menschen untertan sind“, sagte Speitkamp, der Sprecher des 2014 eingerichteten Forschungsschwerpunktes „Tier-Mensch-Gesellschaft“ ist. Die lange praktizierte Trennung in gute und böse Tiere gerate ins Wanken, wenn etwa Wölfe wie nun im Nordwesten Niedersachsens in Wohngebieten auftauchten.

Einerseits bestehe ein Interesse, wieder mehr Wildtiere wie etwa Luchse oder Wölfe zu haben, andererseits gebe es Ängste von Nutztierhaltern und gerade gegenüber dem Wolf auch Vorbehalte in der Bevölkerung, sagte Speitkamp. „Das ist für uns eine Grundfrage in der hochzivilisierten Welt, wollen und können wir die Tiere haben, wenn sie bei uns über die Straße laufen?“ Es gebe Verunsicherung, aber noch keine Lösung. „Außerdem spielt bei vielen vermeintlichen Wildtieren eine Rolle, dass sie wie etwa Füchse oder Waschbären Kulturfolger sind, die sich auch in Wohngebiete vorwagen.“

In Ost- und Mitteleuropa sei es für die Menschen zwar normaler, dass es auch Gefahren durch wilde Tiere gebe. Aber auch dort gebe es eine geteilte Meinung zum Schutz der Tiere.

Anders als in Niedersachsen, wo in mehreren Rudeln inzwischen rund 50 Wölfe leben, ist in Hessen zurzeit kein Wolf bekannt. Ein einzelnes Tier hatte sich 2006 im Reinhardswald bei Kassel angesiedelt und war dort fünf Jahre später tot gefunden worden. Allgemein wird aber damit gerechnet, dass weitere Tiere zuwandern.