Bis 2015 will Rot-Grün die angekündigte Novelle des Schulgesetzes auf den Weg bringen. CDU und FDP wittern hinter der Reform einen Angriff auf das Schulsystem. „Humbug“ sagt die Regierung.

Hannover. Die für 2015 angekündigte Schulgesetzreform wird laut Regierungschef Stephan Weil und Kultusministerin Frauke Heiligenstadt keine Nachteile für Gymnasien mit sich bringen. „Dass die Gesamtschulen eine ersetzende Schulform werden, hat nur ein einzige Konsequenz: Die kommunalen Schulträger haben mehr Spielraum“, sagte Weil der dpa. Bislang dürfen Gesamtschulen nur als ergänzende Schulform angeboten werden. Der Vorwurf von CDU-Landeschef David McAllister, die Reform sei ein „gezielter Angriff auf das gegliederte Schulsystem“, ist nach Angaben des SPD-Politikers „Quatsch“.

Am Mittwoch wird das Thema im Landtag für Debatten sorgen – gleich zweimal stehen Diskussionen zur Schulgesetznovelle auf der Tagesordnung.

„Die Landesregierung wird weder bestehende Schulformen abschaffen noch neue erfinden“, betonte Heiligenstadt (SPD). Alles andere sei „Humbug“ und Panikmacherei. „Mit der Verkleinerung der Klassen, mehr Lehrerstunden durch den Ganztagsausbau und mit zusätzlichen Förderstunden durch das neue, moderne Abitur werden die Gymnasien gestärkt“, sagte Heiligenstadt. „Sie werden besser ausgestattet sein als jemals zuvor. Das alles zeigt, dass die Kritik keine sachliche Grundlage hat.“

„Welche Schulen wo entstehen, entscheidet nicht das Land, sondern die Kommunen in Abstimmung mit den Eltern“, rechtfertigte sich Weil. Letztlich seien dies immer „Abstimmungen mit den Füßen“, denn nur die Eltern bestimmten, auf welche Schulen ihre Kinder gingen.

Die Existenzbedrohung der Gymnasien, wie von CDU und FDP verkündet, sei einzig „eine Phantomdebatte“, betonte Weil: „Die Gymnasien in Niedersachsen hatten in der Tat ein großes Problem: Die Fortsetzung der alten Schulpolitik, insbesondere von G8, wäre ein Konjunkturprogramm für Gesamtschulen gewesen. Wir führen G9 wieder ein und sichern damit die Zukunft der Gymnasien.“

Heiligenstadt ärgert sich über die aus ihrer Sicht unsachliche Kritik: „Die Opposition bringt es nicht fertig, eigene Konzepte in der Bildungspolitik zu entwickeln.“ Während Rot-Grün ein großes Projekt nach dem anderen umsetze, „hechelt die Opposition nur hinterher. Ich vermute, dass diese Art der Panikmache wohl das letzte Mittel ist, um überhaupt öffentlich wahrgenommen zu werden.“

Auch nach der Novelle werde – dessen sind sich die Politiker sicher – das Gymnasium die beliebteste Schulform bleiben. Konsequenzen erwarten sie daher eher an einer anderen Stelle: „Wir müssen die Realität zur Kenntnis nehmen, dass immer weniger Schüler Haupt- und Realschulen anwählen, gleichzeitig gibt es eine große Nachfrage an Gesamtschulplätzen“, sagte Heiligenstadt. Durch das neue Gesetz sollten Schulträger von der Pflicht befreit werden, neben der Gesamtschule weitere Schulen des gegliederten Schulsystems – zum Beispiel Haupt- und Realschulen – vorzuhalten.

Die Gesamtschule könne dann zwar theoretisch auch für Gymnasien eine ersetzende Schulform sein, dies sei aber Sache von Schulträger und Eltern. „Es wird keine Verpflichtung zur Errichtung von Gesamtschulen geben“, sagte die Ministerin und fügte hinzu: „Eine wichtige Voraussetzung muss zudem gewahrt sein: Ein Gymnasium muss weiterhin unter zumutbaren Bedingungen erreichbar sein.“

Dies sieht Weil genauso: „Wir wollen den Kommunen einen Instrumentenkasten an die Hand geben, aus dem heraus sie die beste Lösung bezogen auf die jeweilige Situation vor Ort auswählen können. Das ist die ganze Ideologie, die wir haben.“ In Niedersachsen hätten die Hauptschulen Probleme, da die Schülerzahl sinke. Bei Gymnasien sei das Gegenteil der Fall. „Daraus kann man auch schlussfolgern, wo es große Veränderungen geben wird und wo nicht“, betonte Weil.

Die Zweifel von CDU und FDP können Weil und Heiligenstadt trotzdem nicht beseitigen: „Wir bleiben dabei, es ist eine klare Kampfansage an das Gymnasium“, sagte FDP-Bildungsexperte Björn Försterling. Mehr Gesamtschulen würden in der Folge weniger Schüler für die Gymnasien bedeuten, dadurch würde das Werben um Schüler noch verstärkt. „Noch nie in der Geschichte Niedersachsens waren die Gymnasien so gefährdet, wie gegenwärtig durch die rot-grüne Schulpolitik“, betonte CDU-Bildungspolitiker Kai Seefried. Letztlich würde den Eltern durch die Novelle jedes Wahlrecht für den besten Bildungsweg ihrer Kinder genommen, betonten beide.