SPD und Grüne lassen Verhandlungstermin platzen. Trittin gegen „Gorleben-Legalisierungsgesetz“. Gabriel will geordnetes Verfahren.

Berlin/Gorleben. Eine parteiübergreifende Einigung über das geplante Endlagersuchgesetz ist in weite Ferne gerückt. SPD, Grüne und einige Länder-Regierungschefs sagten kurzfristig ihre Teilnahme an einer für kommende Woche geplanten Verhandlungsrunde ab, zu der Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) geladen hatte. Daran sollten am 11. Oktober die 16 Ministerpräsidenten sowie die Partei- und Fraktionschefs teilnehmen.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf dem Umweltminister vor, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Altmaier habe den Konsens „schwer gefährdet“, weil er statt der Länderumweltminister die große Runde bereits zu abschließenden Verhandlungen eingeladen habe. Dabei liege noch kein zustimmungsfähiger Gesetzentwurf mit ausreichender Begründung vor, sagte Trittin am Freitag in Berlin.

Der Fraktionschef fügte hinzu: „Ich glaube, dass wir nach wie vor eine Chance auf eine Einigung haben.“ Die Grünen machen ihre Zustimmung zu dem Gesetz davon abhängig, ob vier Streitpunkte geklärt werden können: keine Vorfestlegung auf den Standort Gorleben als Endlager, Festschreibung ausreichender Sicherheitsanforderungen, die Nennung einer bestimmten Zahl von zu vergleichenden Standorten und ein Suchprozess entlang wissenschaftlich begründeter Kriterien, aber unter demokratischer Kontrolle. In diesen Punkten hatte auch ein Spitzengespräch von Altmaier, Trittin und dem SPD-Vorsitzenden Gabriel am 13. Juli keine Einigung gebracht.

Altmaier reagierte verärgert auf die neue Wendung. „Ich bin überrascht und befremdet über die Äußerungen von Jürgen Trittin“, sagte der Minister. Der Verhandlungstermin sei auf ausdrückliche Bitte des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) angesetzt worden. „Deshalb kann ich nicht nachvollziehen, dass Jürgen Trittin das nun in dieser Weise zu Wahlkampfzwecken missbraucht“, fügte Altmaier hinzu.

Der Bundesumweltminister veröffentlichte einen Brief an Trittin, in dem er dem Grünen-Politiker unterstellt, er wolle „eine parteiübergreifende Einigung zum Thema Endlager torpedieren und verhindern“. Das verlangte schriftliche Angebot zur Struktur der Überwachungsbehörde sei längst übersandt worden. Altmaier bat Trittin, seine Haltung zu überdenken, und erklärte: „Ich bin nach wie vor überzeugt, dass es keinen besseren Zeitpunkt gibt, um zu einem Konsens zu kommen.“

SPD-Chef Gabriel warf Altmaier und dem niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister (CDU) vor, sie verhinderten bislang durch „Wahlkampfspielchen“ den Endlagerkonsens. Gabriel forderte in der „Braunschweiger Zeitung“ (Samstagausgabe) den Umweltminister auf, zu einem „geordneten Gesprächsverfahren“ über ein Endlagersuchgesetz zurückzukehren.

Der niedersächsische Regierungschef McAllister, in dessen Bundesland der Salzstock Gorleben liegt und wo im Januar gewählt wird, hat die Hoffnung auf eine Fortführung der Endlagergespräche noch nicht aufgegeben. „Die Endlagersuche ist ein wichtiges Thema, wir brauchen einen parteiübergreifenden Konsens in der Frage. Deshalb bleibe ich verhalten optimistisch, dass SPD und Grüne doch noch zur Vernunft kommen“, sagte McAllister bei einem Besuch im britischen Crewe.

Trittin entgegnete, er werde keinem „Gorleben-Legalisierungsgesetz“ zustimmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), einige unionsgeführte Länder sowie einige Beamte im Bundesumweltministerium hätten nur ein Ziel: „Die Vorfestlegung auf den Standort Gorleben möglichst rechtssicher zu machen.“