Mehr ältere Menschen, weniger Ärzte: Kliniken klagen über Finanznöte. In manchen ländlichen Regionen herrscht akuter Ärztemangel.

Baltrum/Hannover. Viele Krankenhäuser in Niedersachsen sind besorgt über Budgetkürzungen und finanzielle Engpässe. „Vom Harz bis zur Heide und bis zur Küste sind die Probleme ähnlich“, sagte Helmut Fricke von der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG). Dies treffe gerade die ländlichen Regionen, aber auch Kliniken in Großstädten. Auf der kleinsten ostfriesischen Insel Baltrum liegen die Schwierigkeiten etwas anders: Viele Bewohner sorgen sich um die Qualität der zukünftigen medizinischen Versorgung. Denn Inselärztin Ellen Althainz will ihren Dienst im Oktober nach 26 Jahren aufgeben. Ein dringend gesuchter Ersatz ist nicht in Sicht.

„Vielen Krankenhäusern geht es erschreckend schlecht“, sagte Fricke. Neue Tarifabschlüsse und andere Kostensteigerungen machten den Häusern zu schaffen. Auf der anderen Seite führe die demografische Entwicklung dazu, dass immer mehr ältere Menschen medizinisch behandelt werden müssten. „Dabei führen höhere Patientenzahlen jedoch nicht auch zu höheren Einnahmen in den Kliniken“, sagte Fricke. Die Krankenhäuser böten mehr Leistungen für das gleiche Geld.

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Eine Verbesserung ist für die NKG nicht in Sicht, denn der Gesetzgeber steuere nicht entschieden dagegen, glaubt Fricke. Mit Einsparungen beim Personal ließen sich die Probleme jedenfalls nicht lösen: „Das ginge auf die Knochen der Belegschaften.“

Der Verband der Ersatzkassen in Niedersachsen (vdek) sieht dagegen eine mangelnde Effizienz vieler Krankenhäuser: „Es gibt in Niedersachsen zu viele kleine Kliniken“, sagte vdek-Sprecher Hanno Kummer. Das habe auch der Landesrechnungshof festgestellt. Eine Strukturbereinigung sei überfällig, bei der sich etwa kleine Häuser auf ihre Stärken konzentrieren und auf andere Bereiche verzichten sollten.

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In der Praxis sorgen derartige Pläne jedoch häufig für Unruhe: Vor dem Auricher Kreistag protestierten Ende Juli mehrere hundert Demonstranten gegen Einschnitte bei der Notfallversorgung der Ubbo-Emmius-Klinik im benachbarten Norden. Für die Zukunft des defizitären Krankenhauses auf Norderney sammelten Demonstranten rund 7000 Unterschriften. Trotz großer Sparbemühungen ist auch das Emder Klinikum unter Druck. 2011 musste die Stadt 1,8 Millionen Euro zuschießen. Eine Klinik sei kein Industrieunternehmen, plädierte der Direktor Christoph Schöttes kürzlich für eine Zukunft der kommunalen Krankenhäuser.

Auf Baltrum ist Inselärztin Althainz schon froh, wenn bald Ersatz für sie gefunden wird, damit ihre einzige Kollegin nicht allein weiterarbeiten muss. „Es ist immer schwer, jemanden auf die Insel zu locken“, weiß sie nach ihrer langen Amtszeit. Auf der Suche nach Strategien für den Fachkräftemangel sind andernorts unkonventionelle Ideen im Gespräch: mobile Praxen mit pendelnden Ärzten. (dpa)