Niedersachsenweit gibt es schon mehr als 400 Schülerfirmen, in denen die Schüler erste Einblicke in den Arbeitsalltag bekommen sollen.

Spelle. Das sieht alles sehr professionell aus. Schleif- und Bohrmaschinen stehen sauber aufgereiht im Stahlschrank, die Werkzeugkisten akurat unter der Werkbank. Im Büro gibt es einen Tresen für die Auftragsannahme. An der Wand hängt eine grün lackierte Registratur für die Mappen mit den Auftragslaufzetteln. „Hier steckt viel Herzblut drin“, sagt Josef Kamping. Der Schlosser arbeitet im Hauptberuf beim Landmaschinenhersteller Krone im emsländischen Spelle. Sein Arbeitgeber hat ihn zeitweise freigestellt, damit er nachmittags Jugendliche in der Schülerfirma „ReLaMa“ betreut.

Seit 2004 gibt es in Niedersachsen Schülerfirmen, sagt Oliver Hindricks von der Regionalabteilung Osnabrück der niedersächsischen Landesschulbehörde. Inzwischen existieren mehr als 400 solcher Unternehmen, in denen die Schüler nach der Schule Fahrräder reparieren, Produkte herstellen oder soziale Dienstleistungen anbieten. „Ein sehr erfolgreiches Projekt in Niedersachsen, mit steigender Tendenz“, betont Jörg Utermöhlen aus dem Kultusministerium.

+++ Wie Schüler und Studenten brutto für netto erhalten +++

„Das ist keine Konkurrenz zu realen Firmen“, stellt Hindricks klar. Aber die Schülerfirmen seien eine Antwort auf den Vorwurf, dass Schulabgänger nicht richtig reif für die Ausbildung seien. Die Schüler sollen wichtige Kompetenzen wie Verantwortungsbewusstsein und Eigeninitiative entwickeln.

Helmut Klöhn, Leiter der Oberschule Spelle, ist der Stolz auf seine jüngste Schülerfirma anzusehen. Die Kooperationsvereinbarung zwischen seiner Schule und Krone ist frisch unterschrieben. Er kann auf ein regelrechtes kleines Firmenimperium blicken. „Wir haben inzwischen sieben Schülerfirmen“, sagt der Pädagoge.

Die Schülerfirma sei ein richtiges Unternehmen, betont Klöhn. Die Schüler müssen sich von der Auftragsplanung über Ein- und Verkauf bis zum Rechnungswesen alles erarbeiten.

Viele Jugendliche hätten überhaupt keine Erfahrung mehr mit handwerklichen Tätigkeiten, hat Peter Kottmann beobachtet. Der Diplomingenieur ist Ausbildungsleiter für Mechatroniker bei Krone. „Wenn man fragt, was machst Du mit einem kaputten Fahrrad, sagen viele: Das repariert der Vater, oder wir bringen es ins Geschäft.“ Der Landmaschinen- und Fahrzeughersteller unterstützt das Speller Projekt, um die Jugendlichen frühzeitig in Kontakt mit der Arbeitswelt zu bringen.

+++ Die Schicht nach dem Studium +++

Bislang habe Krone noch keine Probleme, Auszubildende zu bekommen, sagt Unternehmenschef Bernard Krone. „Aber wir müssen an den demografischen Wandel denken.“ In zehn, 20 Jahren werde sich die Situation wandeln, und daher unterstütze sein Unternehmen Schulen bei der Berufsvorbereitung. „Die Bewerber werden sich dann für das Unternehmen entscheiden, das die besten Aufstiegschancen bietet.“

In einer rund einjährigen Vorlaufphase haben rund zehn Schüler schon gearbeitet, und eine kleine von der Samtgemeinde Spelle gemietete Halle auf Vordermann gebracht und auch schon einen defekten Düngerstreuer repariert, Bleche ausgetauscht und Wurfscheiben erneuert. „Hat Spaß gemacht“, sagen die beiden 15-Jährigen Jannik Weichert und Pascal Kramer. Beide würden gerne eine Mechatronikerlehre machen. Völlig ohne handwerkliche Erfahrung sind sie nicht. „Wir haben einen Hof zu Hause“, sagt Jannik. „Da helfe ich schon mal mit.“ (dpa)